Risiken von FO (extended edition) sowie Vorsichtsmaßnahmen für Männer und Frauen

MikeS · 7. Mai 2010

Wegen der Abwesenheit unsres guten Jogi9 (der bisher uns die Posts von Heutegeil gebracht hat) springe ausnahmsweise mal ich ein. Nichts für Lesefaule ! Achtung, wegen der Längenbeschränkung bei Postings musste der Beitrag aufgeteilt werden ...

Wohlgemerkt, der Autor ist Heutegeil - ihm gebührt der Dank!

Risiken von FO ?

Also ich weiß, das gehört eigentlich alles gar nicht hier ins RF, aber auf AUSDRÜCKLICHEN WUNSCH von jogi 9, traumtänzer und vielleicht noch ein paar wenigen ...

Alle anderen brauchen sich das ja hier nicht anzutun ... Im Grunde ist das ja sowieso schon alles bekannt und man könnte hier endlose Links anfügen ... Aber bitte, es war ja so gewünscht ... ich sage mal so: wer das hier liest, ist eben selbst schuld ...

Mir wäre natürlich auch am liebsten, ich bräuchte nur einen Satz zu schreiben – kein Problem, keinerlei Risiko –, aber leider ist das nun mal nicht so. Trotzdem: keine Panik, FO (ohne Aufnahme) und Lecken sind bekanntlich Safer-Sex-Praktiken, und wenn man dann trotzdem über Risiken spricht, dann auf einem ganz anderen Risiko-Niveau als z.B. bei GVO. Deshalb hatte ich ja ursprünglich auch gar nicht vor, was über FO zu schreiben, aber wenn ich so darum gebeten werde ...

Aber vielleicht sind ja auch für den einen oder anderen (oder die eine oder andere) doch ein paar interessante Tipps dabei ... auch falls es mal zu einem Kondomunfall bei GV kommt ...

Leider ist das Thema auch noch komplex: FO normal, FO mit Aufnahme, FO mit Schlucken; Gefahren für den Mann, Gefahren für die Frau ... HIV? ... andere STDs ...

Ich beschäftige mich seit längerer Zeit mit dem Thema und es scheint mir unmöglich, objektiv darüber zu berichten, zumindest was HIV betrifft, was ja wohl am meisten hier interessiert. Entweder man verfällt in Panikmache oder in Verharmlosung. Ein Zwischenweg ist schwierig. Grund ist die schwierige Datenlage, dass man auch nach fast 30 Jahren mit HIV
in Hinblick auf FO (vor allem FO mit Aufnahme) noch so wenig weiß, jedenfalls das Risiko nicht solide quantifizieren kann.

Bevor ich ins Detail gehe, fasse ich mal die wichtigsten Ergebnisse meiner Recherchen zusammen für die, die hier nicht alles lesen wollen:

Diese Aussagen beziehen sich auf die heterosexuelle Situation und ausschließlich auf HIV:

In Hinblick auf HIV ist FO für den Mann (egal ob FO normal, FO mit Aufnahme, FO mit Schlucken) so gut wie risikolos und ich fand keinen Fallbericht, dass sich ein Mann nachweislich bei einer HIV-positiven Frau auf diesem Weg infiziert hat. Theoretisch ist aber ein Infektionsrisiko für den Mann in Extremsituationen konstruierbar (z.B. Frau mit Blutungen im Mund; Gruppensex, wo kurz zuvor ein HIV-positiver Mann in den Mund der Frau abgespritzt hat und jetzt der eigene Schwanz in dessen Saft gebadet wird).

Für die Frau ist FO ohne Aufnahme unter normalen Umständen ebenfalls so gut wie risikolos. Es gibt einige fragliche Berichte über Infektionen durch FO ohne Aufnahme im homosexuellen Bereich, letztendlich konnte man aber wohl nicht klären, ob nicht doch andere Risiken bestanden (z.B. doch etwas Aufnahme). Theoretisch ist aber auch hier ein Infektionsrisiko in Extremsituationen konstruierbar (z.B. Lusttropfen oder blutende Peniswunde bei Mundtrockenheit der Frau in Verbindung mit Geschwüren/Wunden/Herpes im Mund).

FO mit Aufnahme ist nicht ohne Risiko. Sperma gehört nicht in den Mund! (Und auch nicht ins Auge; besser Körperbesamung als Gesichtsbesamung!). Infektionsfälle durch FO mit Aufnahme sind unstreitig dokumentiert. Dennoch ist es bis heute nicht gelungen, das Risiko solide zu kalkulieren (im Sinne einer Per-Akt-Quote). Dies könnte man als ein indirektes Indiz für ein vergleichsweise niedriges Risiko interpretieren. Biologische Gründe und Tierversuche (Primatenmodell) sprechen dafür, dass – abgesehen von offenen Wunden, Herpes, Geschwüren und dergleichen im Mund – vor allem die Mandeln als Infektionsort infrage kommen. Es gibt dazu keine Zahlen, aber es ist biologisch plausibel, dass das Risiko bei DT mit Aufnahme und/oder Schlucken erhöht sein dürfte im Vergleich zu einer Aufnahme ohne DT/Schlucken, einfach weil dann viel mehr Sperma über die Mandeln und durch den Rachen fließt. Außerdem wird auch die empfindliche Schleimhaut der oberen Speiseröhre als mögliche Eintrittspforte diskutiert. Das heißt aber nicht, dass FO mit Aufnahme, aber ohne FT/Schlucken bedenkenlos sei. Schließlich kann auch dann Sperma in den Rachenbereich gelangen, wenn auch mengenmäßig weniger. Auch Herpesläsionen gelten als Risiko, weil sich hier massenweise Zellen finden, an die HIV andocken kann; das gilt selbst dann, wenn die Schleimhaut schon längst verheilt ist; das Risiko besteht über Wochen weiter.

Ich rate dringend sicherheitshalber ganz auf FO mit Aufnahme zu verzichten – selbst wenn nach derzeitigem Kenntnisstand das statistische Risiko zumindest in der Variante ohne DT/ohne Schlucken auch dank der (noch) recht niedrigen HIV-Verbreitung in Deutschland sehr sehr klein erscheint – aber auch ein sehr kleines Risiko ist ein Risiko, und viele kleine Risiken addieren sich im Laufe der Zeit ...

Und wenn es dann doch mal zur Aufnahme kommt – es kann ja auch versehentlich geschehen -, dann versuchen, den Rachen soweit wie möglich frei zu halten, also nicht schlucken, auch nicht reden, sondern das Zeug so gut wie möglich vorn im Mund halten und erst mal gleich ausspucken, dann mehrfach kurz mit Wasser spülen, immer wieder ausspucken und neues Wasser nehmen, dann Rachen spülen, zum Schluss antiseptische Spülung und Gurgeln.

Soweit die Zusammenfassung, jetzt ins Detail:

I. HIV-Risiken

Für das Verständnis der HIV-Problematik bei FO aller Varianten sind drei Basics entscheidend:

a) Das Angehen einer Infektion benötigt eine gewisse Infektionsdosis. Nur so ist es erklärlich, dass in festen monogamen Beziehungen zwischen einem HIV-positiven Mann und einer HIV-negativen Frau das Risiko der Frau etwa 1 : 1000 pro GVO liegt und in der umgekehrten Situation sogar nur bei etwa 1 : 2000 für den Mann. Oder dass im medizinischen Bereich folgende Faustregel für Nadelstichverletzungen gilt: HIV 0,3 %, Hepatitis C 3 %, Hepatitis B 30 %.

b) Speichel ist hypoton und inaktiviert damit effektiv die zellgebundene Virusübertragung. In-vitro-Studien belegen eine ca. 10000-fache Hemmung infizierter Zellen.

c) Sperma (aber auch Blut) ist isoton. Bereits recht kleine Mengen (ca. 0,5 ml) reichen nach Laborexperimenten aus, die hypotone, inaktivierende Wirkung des Speichels aufzuheben. Also: bei FO mit Aufnahme geht die Schutzwirkung des Speichels deshalb verloren!

I.1 FO ohne Aufnahme

FO ohne Aufnahme ist daher für beide Seiten in Bezug auf HIV im Normalfall risikolos. Blut oder Sperma gelangen ja nicht in den Mund der Frau. Das Lusttröpfchen könnte bereits kleine Mengen Sperma (und bei einem HIV-positiven Mann dann eben auch HIV) enthalten, diese reichen aber nach derzeitiger Kenntnis wegen der starken Verdünnung im Speichel nicht zur Infektion aus. Allerdings wird die Frage des Lusttröpfchens gelegentlich mit einem Vorbehalt versehen. Bei ausgeprägter Mundtrockenheit könnte beispielsweise die Verdünnung nicht funktionieren.

Auf der Seite des Mannes könnte HIV vor allem an Wunden/offenen Stellen am Penis andocken (welche SDL macht unter diesen Umständen FO? Man sollte sich das gute Stück doch vorher mal etwas genauer anschauen) oder auch an bestimmten Immunzellen (dendritischen Zellen) am Harnröhrenausgang oder im Bereich der Vorhautinnenseite, die als besonders effektive Eintrittsquelle gilt (so erklärt sich das um > 50 % niedrigere HIV-Risiko bei beschnittenen Männern!).

Aber da Speichel aufgrund seiner hypotonen Wirkung die Virusübertragung inaktiviert, kann auch auf diesem Wege normalerweise nichts passieren.

Natürlich gibt es da Hintertürchen, lassen sich Situationen konstruieren, wo es unter Umständen dann doch vielleicht zur Infektion des Mannes kommen könnte. Wenn eine HIV-positive Frau im Mund blutet (auf die Zunge gebissen, gestern Zahn gezogen, was weiß ich ...) und der Harnröhrenausgang des Mannes, eine „offene Stelle“ am Penis oder unvermeidbaren Mikroverletzungen der sehr empfindlichen Vorhautinnenseite mit blutigem (und daher eben nicht mehr so richtig hypotonem) Speichel benetzt werden ... dann kann sich auch der Mann nicht mehr ganz sicher sein.

Oder, im umgekehrten Fall, wenn der Mund der Frau voll von Wunden, offenen Stellen oder Geschwüren ist, kann natürlich niemand garantieren, dass ein bisschen HIV-positives Sperma im Lusttröpfchen dann nicht doch schon für eine Infektion (der Frau) ausreicht, bevor es durch den Speichel ausreichend verdünnt ist ... zum Beispiel bei einer sehr frischen Infektion des Mannes, wenn die Viruslast besonders hoch ist ... oder wenn der Mund sehr trocken ist und die Verdünnung nicht schnell genug erfolgt ...

Mir ist klar, das ist alles sehr konstruiert, aber man muss es erwähnen um deutlich zu machen, dass eine absolute Risikofreiheit für FO ohne Aufnahme niemand garantieren kann. Es gilt aber trotzdem als Safer-sex-Praktik. „Safer“, nicht „safe“ – man beachte den feinen Unterschied!

Realitätsnäher sind da schon Risiken beim Gruppensex oder Gangbangpartys. Wenn ein HIV-positiver Vorgänger kürzlich in den Mund abgespritzt hat und sich noch Spermareste im Mund befinden, die noch nicht durch Speichel ausreichend verdünnt wurden, ist eine Infektion des nächsten Kandidaten (selbst wenn der nur „FO normal“ macht) immerhin denkbar – eben über offene Stellen am Penis oder Immunzellen am Harnröhrenausgang oder an der Vorhautinnenseite (beim unbeschnittenen Mann). Die Frau selbst muss sich dabei gar nicht selbst infizieren – es wäre eine mittelbare Infektion von Mann zu Mann. Der Mund der Frau ist nur der Ort, wo das infektiöse Sperma des ersten Mannes und die HIV-empfänglichen Zellen am Penis des zweiten Mannes miteinander in Kontakt gebracht werden. Wirkt zwar auch alles sehr konstruiert, ist aber auf Gruppensexpartys wohl denkbar! Und selbst wenn man da einen negativen HIV-Test vorlegen muss ... die Infektion kann ja frisch sein (der Test daher noch negativ), und gerade von frisch Infizierten geht besonders viel Gefahr aus, weil die HIV-Konzentration im Sperma um Zehnerpotenzen höher ist als nach Bildung der Antikörper. Auch dies also ein Grund, weshalb man nicht pauschal sagen kann, FO (ohne Aufnahme) sei garantiert risikolos, selbst für den Mann.

Was sagt die Statistik? Ich hatte es schon an anderer Stelle erwähnt und zitiere mich selbst:

Die beste Quelle, die ich zu diesem Thema kenne, ist ein Round-Table-Gespräch von Experten ganz konkret zu dem Thema

„Risk of HIV Infection through receptive oral sex”

aus dem Jahr 2003 (San Francisco). Das Wortprotokoll des gesamten Gespräches ist im Internet publiziert unter:

hivinsite.ucsf.edu/InSite?page=pr-rr-05

Der Kenntnisstand hat sich seit dieser Konferenz aus dem Jahr 2003 nach meinem Eindruck nicht verbessert. Es ist bisher offenbar nicht gelungen, das Risiko sauber zu quantifizieren.

Im Dezember 2008 wurde eine Literaturübersicht zu dem Thema veröffentlicht:

Systematic review of orogenital HIV-1- transmission probabilities.

Int J Epidemiol. 2008 Dec ; 37 (6) : 1255-65

Autoren: BAGGALEY RF, WHITE RG, BOILY MC

Man findet die Kurzfassung in www.pubmed.com, wenn man z.B. die Autoren in die Suchfunktion eingibt.

Die Schlussfolgerung der Studie lautet:

“There are currently insufficient data to estimate precisely the risk from OI exposure.” – und man fordert mehr und größere Studien, um das Risiko besser einschätzen zu können (OI = Oral Intercourse).

Also keine Fortschritte im Vergleich zu San Francisco 2003! Daher zurück zu dem Roundtable:

Bezüglich FO ohne Aufnahme sprach man dort über „extrem wenige Fälle“ aufseiten des rezeptiven Partners, wobei es aber scheinbar fraglich erscheint, ob es nicht vielleicht doch zur Ejakulation in den Mund kam. Von Infektionen aufseiten des Mannes, dem geblasen wurde, war überhaupt nicht die Rede.

I.2 FO mit Aufnahme (FOMA)

FO mit Aufnahme ist keine Safer-Sex-Praktik! Sperma enthält viel HIV, und bei einer frischen Infektion (HIV-Test noch negativ) noch um Zehnerpotenzen mehr. Als Eintrittspforten werden vor allem Verletzungen, Entzündungen, Geschwüre, Aphten im Mund, Herpes, Situationen nach Zahnbehandlung mit noch nicht abgeheiltem Zahnfleisch diskutiert, besonders aber die Mandeln im Rachenraum sind für HIV empfänglich, weil sich dort Zellen befinden, an die das HIV-Virus direkt andocken kann. Und selbst wenn „die“ Mandeln früher schon entfernt wurden, gibt es im Rachenraum (lymphatischer Rachenring) noch ähnlich empfängliche Gewebe (u.a. Zungengrundmandeln), so dass auch dann ein Risiko besteht.

Es sind ganz unstrittig Fälle dokumentiert, in denen sich der aufnehmende Partner bei FO mit Aufnahme mit HIV angesteckt hat. Dass dieses Infektionsrisiko besteht, steht völlig außer Zweifel. Man weiß dies vor allem aus Studien an schwulen Männern. Es ist keinesfalls so, dass – wie manche Heteros vielleicht denken – alle Schwulen AV betreiben; es gibt schwule Männer, die das grundsätzlich nicht machen, nicht nur aus HIV-Angst, sondern weil sie es sowieso nicht mögen. Alles Sexleben läuft dann quasi über den Mund. Wenn unter diesen Bedingungen dann eine HIV-Infektion auftritt, kann sie – nach Ausschluss von sex-unabhängigen Risiken – im Endeffekt nur auf FO zurückgehen.

Wie hoch ist dieses Risiko?

Genau genommen weiß man es bis heute nicht – was daran liegen dürfte, dass es eben vergleichsweise klein ist. Große Risiken lassen sich genauer beziffern als kleine. Wie erwähnt gab es im Jahr 2003 in San Francisco ein Round-Table-Gespräch US-amerikanischer Experten und Forscher auf diesem Gebiet, und man hatte ja auch Daten aus der lokalen Gay Community. Wenn man das Wortprotokoll liest, wird deutlich, wie wenig man auch (damals) 20 Jahre nach Beginn der AIDS-Epidemie zu dem Thema wusste. Man weiß, dass da ein Risiko besteht und dass dieses relativ klein sein muss, aber das war es eigentlich dann auch schon.

Man hat sich dann zwar in der Konferenz auf einen Richtwert von 1 : 2500 für FOMA (pro Akt für den aufnehmenden Partner) geeinigt, aber wenn man in dem Wortprotokoll sieht, wie dieser Wert zustande kam ... ein Teilnehmer meinte, er würde eher 1 : 5000 ansetzen ...

Man hat dann auch versucht abzuschätzen, wie groß der Anteil an allen HIV-Infektionen bei schwulen Männern in der Region (Kalifornien) ist, der auf FOMA zurückzuführen ist. Das Spektrum der Vorschläge reichte von 1 % bis 15 % und man einigte sich dann auf „5 % oder auch weniger“ (alle anderen Infektionen wären dann anal bedingt).

Jetzt sind wir 7 Jahre weiter, der Kenntnisstand ist aber noch nicht besser. Eine Gruppe von Forschern hat sich kürzlich daran gemacht, die gesamte verfügbare Literatur zu diesem Thema auszuwerten. Ziel war eine sogenannte Metaanalyse, zu der es dann aber im Endeffekt doch nicht kam, weil sich nicht genügend Studien fanden, die sich zusammenfassen ließen. Es blieb also bei einer Literaturübersicht über 10 Studien (siehe oben: BAGGALEY et al.). Problematisch beim Thema FO sind ja auch die verschiedenen Varianten (FO normal, FOMA, FT), die man hinsichtlich des Infektionsrisikos des rezeptiven Partners eigentlich nicht zusammen betrachten darf. Ergebnis: Keine neuen Erkenntnisse außer „low risk of transmission evident from identified studies“.

Der Schätzwert von 1 : 2500 für FOMA aus dem Round-Table 2003 ist damit der einzige Anhaltspunkt, wobei man sich nochmals die Entstehungsgeschichte verdeutlich sollte. In den zugrunde liegenden Datensätzen wurde auch nicht zwischen Schlucken / Nicht-Schlucken differenziert, die Zahl enthält also auch Schlucker. Für Nichtschlucker wäre das Risiko vermutlich niedriger, für Schlucker höher. Das heißt aber auch: Schlucker könnten dann schon in die Nähe des Risikos kommen, das man für GVO in festen Partnerschaften ermittelt hat! (Allerdings gibt es noch keinen statistischen oder klinischen Beweis, dass Schlucken wirklich gefährlicher ist. Aber es ist einfach biologisch plausibel, weil im Rachenraum und in der oberen Speiseröhre Zellen sitzen, die für ein Andocken von HIV besonders empfänglich sind).

Welches Risiko gehen dann die SDLs beim FOMA in Deutschland ein, wenn wir die Quote von 1 : 2500 pro FOMA mit einem HIV-positiven Mann einfach mal als zutreffend unterstellen?

Die zweite Variable wäre hier die HIV-Quote der Freier. Die durchschnittliche HIV-Quote bei Männern in Deutschland in der als Freier infrage kommenden Altersgruppe liegt bei 0,2 %. (Details in meinem Beitrag zur AO-Diskussion Nr. 581). Für Männer, die im P6-Bereich GVO praktizieren, hatte ich wegen ihrer hohen Risikobereitschaft sicherheitshalber eine Quote von 0,5 % von 1,0 % unterstellt. FO, auch mit Aufnahme, ist für die Männer aber praktisch in Bezug auf HIV risikofrei, ein mögliches Risiko liegt hier aufseiten der Frau. Daher kann man Männern, die im P6-Bereich FO mit Aufnahme wünschen, nicht automatisch eine besondere Risikobereitschaft im Umgang mit HIV-Risiken unterstellen; auch der „Durchschnittskunde“ kommt hierfür infrage. Daher kann man bei der derzeitigen HIV-Verteilung in Deutschland für FOMA-Kunden von einer niedrigeren HIV-Quote ausgehen. Kalkuliert man sie mal zwischen 0,2 und 0,4 %, dann ergäbe sich ein HIV-Risiko von

1 : 1.250.000 (bei 0,2 %) und 1 : 625.000 (bei 0,4 %) pro FOMA-Akt.

0,2 % erscheint mir persönlich realistischer, bei 0,4 % ist wohl schon viel Sicherheitsreserve einkalkuliert.

Allerdings: beim Schlucken oder DT mit Aufnahme könnte das Risiko dann tendenziell höher sein, bei FO mit Aufnahme ohne DT/Schlucken ist es dann im Gegenzug vielleicht etwas kleiner. Keiner weiß das bis heute!

Auch unterstellt diese Kalkulation, dass auch HIV-positiv getestete Freier ebenso selbstverständlich FOMA praktizieren lassen wie alle übrigen, was aufgrund der mit so einem Testergebnis verbundenen Verantwortung wohl ein zu pessimistisches Szenario darstellt. Man sollte dies so keinem unterstellen wollen. Dann reduziert sich das Risiko zwar etwas weiter, allerdings muss man auch bedenken, dass das größte Risiko von frisch Infizierten ausgeht, wo ein HIV-Test ohnehin noch negativ ausfallen würde.

Bei alldem ist aber zu bedenken, dass das alles sehr grobe Annäherungen sind, erstens weil die Risikoschätzung von 1 : 2500 auf sehr tönernen Füßen steht, zweitens weil nicht bekannt ist, welche Risikoaufschläge bzw. – abschläge für DT mit Aufnahme/Schlucken einerseits und sofortiges Ausspucken/Spülen andererseits einzukalkulieren sind.

Auch wenn die Zahlen sehr klein erscheinen – über das Jahr summiert sich da schon etwas zusammen. Zwar ist das Risiko auch über das Jahr gesehen viel geringer als bei GVO, aber ein kleines Risiko ist eben doch da.

Allerdings: ich habe bereits eingangs darauf hingewiesen, dass es praktisch unmöglich ist, dieses Thema abzuhandeln, ohne dass man einem entweder Panikmache oder Verharmlosung vorwerfen kann.

Deshalb muss ich darauf hinweisen, dass nach Hochrechnungen auf der Grundlage der im Rahmen des STD-Sentinels in Deutschland im Zeitraum 1.1.2003 bis 30.9.2006 bei SDLs festgestellten (wenigen) HIV-Infektionen die oben angegebenen Pro-Akt-Risikoschätzungen noch zu hoch gegriffen erscheinen, das Risiko also vielleicht sogar noch niedriger ausfallen könnte als oben berechnet, wenn man berücksichtigt, wie viele SDLs FOMA anbieten (Statistik s.u.) und dass dies im P6-Bereich offenbar eine häufige Praktik darstellt.

Aus Sicherheitsgründen habe ich aber oben die „kalifornischen“ Daten zugrunde gelegt.

Ich habe auch den Eindruck, dass sich das vermutlich erhöhte Risiko beim Schlucken schon irgendwie herumgesprochen hat. Im Rheinforum findet sich ein Überblick über die Damen, die vor oder bis 2002 im PHG gearbeitet haben (willi69, 9.7.2002). Etwa 130 Damen sind enthalten. Für 90 Damen bestehen Angaben, ob sie FT praktizierten. Dies war in 66 % der Fall.

Für drei Clubs aus der Region fand ich jetzt auf der Homepage Angaben über das aktuelle Leistungsangebot der Damen. In einem Fall (N = 66) boten 58 % FOMA, aber nur 13 % FT an, im anderen Fall (N = 15) 93 % FOMA und 27 % FT, im dritten Fall (N = 79) sogar nur 33 % FOMA und 10 % FT.

Wenn man dann bedenkt, dass Schlucken in der Regel noch 25 Euro zusätzlich bringt im Vergleich zur „einfachen“ Aufnahme, sind diese Unterschiede schon bemerkenswert. 78 %, 71 % bzw. 69 % der Damen, die FOMA praktizieren, lassen sich demnach auch durch Extra-Geld nicht dazu verleiten, zu schlucken. Respekt! Das darf jetzt bitte nicht so verstanden werden, als sei FO mit Aufnahme ohne FT völlig risikolos – das ist glaube ich oben deutlich genug geworden, dass Sperma im Mund und im Auge grundsätzlich nichts zu suchen hat - , aber wenn Damen auf FT verzichten und damit zu erkennen geben, dass sie ein gewisses Risikobewusstsein in Bezug auf FO und seine Spielarten entwickelt haben, ist das schon ein Schritt in die richtige Richtung, wenigstens (vermutlich) eine Risikoreduktion. Dies ist um so bemerkenswerter, weil die Vermutung, Schlucken sei gefährlicher, nicht auf harten statistischen Fakten abgesichert ist, sondern „nur“ auf biologischer Plausibilität beruht – eben dem Vorhandensein für HIV empfänglicher Zellen im Rachenraum.

II. Andere STDs (ohne Anspruch auf Vollständigkeit!)

Hepatitis B wird durch Sperma, aber auch durch Speichel übertragen (dass Speichel aufgrund seines verminderten Salzgehaltes virusinaktivierend wirkt, gilt nur für HIV). Dieser Schutzmechanismus kann nicht auf andere Viren übertragen werden. Speichel enthält infektiöses Hepatitis B, Blut noch viel mehr. Wer das HB-Problem vom Tisch haben will, sollte sich impfen lassen, auch als Erwachsener möglich! Kinder werden jetzt routinemäßig geimpft, bei Erwachsenen sind viele besonders exponierte Berufsgruppen weitgehend geimpft, vom Medizinbereich bis zu Feuerwehrleuten. SDLs ist diese Impfung ebenso dringend anzuempfehlen wie invasiv tätigen Ärzten oder Krankenschwestern, aber auch Freier sollten das mal erwägen und sich informieren.

Syphilis kann natürlich ebenfalls durch FO übertragen werden, und zwar in beiden Richtungen. Sowohl Lues I wie Lues II verursachen auch Geschwüre im Mund, die hoch infektiös sind.
Das ist glaube ich wohl so bekannt, dass ich darauf nicht mehr näher eingehen muss. Eine SDL sollte sich das gute Stück vor dem FO mal etwas genauer anschauen, ob sie was entdeckt.

Bei Gonorrhoe ist eine Übertragung durch FO zwar möglich, aber extrem selten (vor allem Rachenbereich, Tonsillen, sog. Oropharyngeale Gonorrhoe). Die Mundschleimhaut wird extrem selten befallen, wenn schon, dann eher der Rachen-/Mandelbereich. Bedeutender ist da schon die „Augen-Gonorrhoe“ (Ophthalmo-Blenorrhoe), die unbehandelt zu Komplikationen an der Hornhaut führen kann (Gesichtsbesamung!).

Herpes simplex natürlich auch, aber bei der allgemeinen Durchseuchung der Bevölkerung ist das jetzt an sich nichts besonders Erwähnenswertes. Allerdings können aufgeplatzte Herpesbläschen anderen Erregern den Eintritt in den Körper erleichtern. Bei einigen Fällen der schwulen Männer, die sich in einer Studie aus Kalifornien beim FO mit HIV infiziert hatten, sollen nach deren Angaben in dem Zeitraum, in dem die Infektion erfolgt sein soll, angeblich „Aphten“ vorgelegen haben. Aber es könnte sich dabei natürlich auch um aufgeplatzte Herpesbläschen gehandelt haben. Das Problem: selbst wenn die Herpesläsionen abgeheilt sind, finden sich an der betreffenden Stelle noch über lange Zeit (mindestens 8 Wochen oder länger) vermehrt Zielzellen für HIV, so dass das erhöhte Infektionsrisiko auch nach dem Abheilen der Läsionen bestehen bleibt!

Daneben gibt es aber auch die sogenannten „chronisch rezidivierenden Aphten“, die wahrscheinlich nichts mit Herpes simplex zu tun haben, aber ebenfalls eine Eintrittspforte für HIV darstellen. Wer an dieser Erkrankung leidet, sollte daher mit FO zurückhaltend sein und besonders darauf achten, dass es nicht zu einer Aufnahme kommt.

Auf HPV (Human Papilloma Virus) hatte ich schon im Zusammenhang mit dem Lecken hingewiesen. Bestimmte Typen (vor allem HPV 6 und 11) verursachen Genitalwarzen (Feigwarzen, Condyloma acuminata). Das Krebsrisiko soll durch diese Niedrigrisikotypen nicht relevant erhöht werden. Etwa 1 % bis 2 % der sexuell aktiven Bevölkerung haben Feigwaren, aber etwa 5 bis 10 % weisen HPV-assoziierte Läsionen im Anogenitalbereich auf, die sich mit bloßem Auge nicht erkennen lassen. Die betreffenden HPV-Typen werden auch durch Oralverkehr übertragen. Auch in der Haut des Penis kann HPV persistieren. Hautkontakte reichen bereits zur Übertragung aus, daher bieten Kondome keinen 100%-igen Schutz. Spontanheilung ist möglich, ansonsten sind die Warzen auf verschiedene Weisen behandelbar, wenn auch gelegentlich rezidivierend. Selbst unbehandelt ist die Erkrankung nicht tödlich, aber auf jeden Fall im Genitalbereich unästhetisch und eben auch ansteckend.

Anders sieht es mit den Hochrisikotypen aus, vor allem HPV 16, die Krebs mit Mund-Rachenraum, vor allem im Bereich des lymphatischen Rachenringes (Mandeln usw.) verursachen können, wie schon beim Thema „Lecken“ beschrieben. Selbst durch Zungenküsse soll nach einer im letzten Jahr veröffentlichten Studie HPV übertragen werden können.

Der Mann kann sich beim FO mit einer oropharyngeal mit HPV 16 infizierten Frauen (wohl bevorzugt beim DT) das Virus auf den Penis holen; hier kann sich unter Umständen ein Peniskarzinom entwickeln. Allerdings: jährlich treten in ganz Deutschland gerade mal 500 – 600 Peniskarzinome auf, etwa die Hälfte davon in Verbindung mit HPV. Und da man sich das ganze natürlich auch ebenso oder noch viel eher z.B. beim GVO (z. B. auch zu hause) holen kann, werden unter den ca. 200 bis 300 bundesweiten HPV-bedingten Peniskarzinomen wohl nur wenige Fälle sein, die man wirklich dem FO anlasten kann. Allerdings hat man auch in manchen Prostata-Karzinomen Hochrisiko-HPV gefunden und diskutiert für diese Teilgruppe aller Prostata-Karzinome eine mögliche Rolle des HPV. Gesichert ist da aber gar nichts.

Die Frau kann sich bei FO (und wohl auch bei ZK) im Mund-/Rachenraum HPV holen, wobei speziell ein bestimmter Typ (HPV-16) zu Krebs im Mund-/Rachenraum, vor allem Rachen-/Tonsillenkrebs führen kann. Dabei kommt es jetzt nicht darauf an, ob mit oder ohne Aufnahme; die Viren sitzen äußerlich auf dem Penis, es kommt hier also nicht auf eine Spermaexposition als Risikofaktor an. Im Vergleich zu Männern ist bei Frauen das Risiko, an einem HPV-assoziierten Mund-/Rachenkrebs zu erkranken, aber deutlich niedriger, obwohl das Expositionsrisiko auch im Privatleben zwischen beiden Geschlechtern symmetrisch verteilt ist. Oropharyngeale Hochrisiko-HPV sind also auch kein Risiko, das sich jetzt speziell auf den P6-Bereich beziehen lässt; das kann man sich schon mit den ersten Zungenküssen in der Pubertät einfangen.

Bei 188 Sexarbeiterinnen in Spanien wurde in 27,8 % der cervikalen, 26,1 % der vaginalen, 22,9 % der vulvalen, 15 % der analen und 7,9 % der oralen Abstriche HPV-DNA (alle HPV-Typen zusammen genommen) gefunden. Von den insgesamt 15 oralen HPV-positiven Befunden waren aber nur 4 Befunde einem Hochrisikotyp (hier: HPV-16) zuzuordnen; die Häufigkeit oraler Hochrisiko-HPV betrug somit lediglich 2,1 %.

In einer anderen Studie wiesen von 210 Personen der Allgemeinbevölkerung im College-Alter (19 bis 23 Jahre) 6 (2,9 %) eine orale HPV-Infektion (alle HPV-Typen zusammen) auf, 5 (2,4 %) eine Hochrisiko-HPV-Infektion. Bei Probanden, die in den vorausgehenden 12 Monaten mehr als 5 Oralsexpartner hatten, war das Risiko einer HPV-Infektion um den Faktor 8 höher als bei Probanden ohne Oralsex.

Eigentlich wäre ja zu erwarten, dass bei SDLs die orale Durchseuchung an Hochrisiko-HPV doch viel höher sein müsste als in der sexuell aktiven Allgemeinbevölkerung. Vergleicht man diese beiden Studien, zeigt sich kein Unterschied zwischen SDLs in Spanien (2,1 %) und der Normalbevölkerung im College-Alter im angelsächsischen Sprachraum (2,4 %). Vielleicht lag es ja an methodischen Unterschieden (z.B. Probennahme und –analyse?). Schade, dass es in der spanischen Studie keine Kontrollgruppe gab. Da die HPV-Quoten stark von dem Verfahren der Probengewinnung und –untersuchung abhängen, kann man verschiedene Studien nicht direkt miteinander in Bezug setzen. Es sollte daher immer eine Kontrollgruppe innerhalb derselben Studie gebildet werden.

Letztendlich ist damit aber bis heute ungeklärt, ob SDLs häufiger Hochrisiko-HPV-Infektionen im Mund-/Rachenbereich aufweisen als die normale, mäßig promiske Allgemeinbevölkerung.

Theoretisch wäre dies zwar zu vermuten (wegen der häufigen Expositionen mit verschiedenen Partnern/Partnerinnen bei ZK, FO, Lecken), aber die bisher verfügbaren Daten geben das so bisher nicht her. Die vermehrte HPV-Exposition im Genitaltrakt der Frau (und womöglich erst recht bei einer SDL!) könnte nämlich über immunologische Prozesse einen gewissen Schutz gegen latente Hochrisiko-HPV im Mund-Rachenraum bieten oder auch die Progression zum Krebs beeinträchtigen. Gesichert ist bisher lediglich, dass HPV-verursachte Krebserkrankungen im Mund-/Rachenraum deutlich häufiger bei Männern als bei Frauen auftreten, und das, obwohl das orale Expositionsrisiko gegenüber diesen HPV-Typen bei Frauen und Männern mindestens gleich hoch ist, bei Frauen (via FO oder Sexwork) vermutlich sogar noch größer. Daher scheinen Frauen über einen relativ effektiven (aber nicht absoluten!) Schutz vor HPV-assoziiertem Mund-/Rachenkrebs zu verfügen, den Männer nicht haben! Hier besteht also noch viel Forschungsbedarf, das Thema ist sehr neu und hat erst in den letzten Jahren überhaupt allmählich Aufmerksamkeit erreicht.

III. Vorsichtsmaßnahmen, Risikoreduktion (für besonders Vorsichtige oder Ängstliche!)

Auf der ganz sicheren Seite sind Mann und SDL, wenn sie nur FM praktizieren und auf FO grundsätzlich verzichten. (Theoretisch besteht dann zwar immer noch ein kleines Risiko für Feigwarzen in dem nicht vom Kondom geschützten Abschnitten des Penisschaftes, aber mit diesem Risiko kann wohl jeder leben).

Andererseits muss man die Realität sehen – FO ist nun mal ein wesentlicher Bestandteil von Pay6, und sei es nur das kurze Anblasen. Und FO als solches ist ja bekanntlich eine „erlaubte“ Sexpraktik im Sinne der Safer-Sex-Strategie in Bezug auf HIV/AIDS. Von daher sollte man FO weder verdammen noch kritisieren, sondern überlegen, ob man eventuelle mit FO verbundene Risiken möglichst klein halten kann. Dabei ist zu betonen, dass zumindest bei normalem FO ja nicht (!) die HIV-Risiken im Vordergrund stehen, sondern andere STDs, mit denen man wahrscheinlich ungern zuhause auffallen möchte.

Die nachfolgend beschriebenen Vorsichtsmaßnahmen sind daher nicht nur unter dem Blick auf HIV zu sehen und gehen daher in manchen Punkten über das hinaus, was aus einer auf HIV verengten Sichtweise so empfohlen wird.
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Fortsetzung folgt

MikeS · 7. Mai 2010

Fortsetzung

Fortsetzung:

Zitat von Heutegeil im RF:

III.1 Vorsichtsmaßnahmen für Männer

1. Hepatitis-B-Impfung erwägen

2. Kein FO, wenn die Dame offene Stellen, Wunden, Bläschen usw. an den Lippen hat oder z.B. nach einer Zahnbehandlung im Mund blutet. Ich bitte das ironisch zu verstehen und nur der Vollständigkeit halber. Vielleicht mag das ja mal auf dem Straßenstrich vorkommen (ich weiß es nicht – habe keine Erfahrung damit). In den Clubs sind die Damen so perfekt und gepflegt und auf sich bedacht, dass ich mir das wirklich nicht vorstellen kann.

3. Wenn man mal so um das Thema herumgoogelt, landet man früher oder später in verschiedenen gesundheitsbezogenen Foren oder Beratungsdiensten, wo Männer in höchster Panik, ja manchmal Todesangst, Fragen stellen, weil sie sich bei einem Besuch bei einer SDL im Eifer des Gefechtes gegen ihre ursprüngliche Absicht auf FO eingelassen haben, auch wenn es nur ein kurzes Anblasen war. Meist geht es natürlich um HIV-Angst (die in so einer Situation ja unberechtigt ist), aber eben auch um andere STDs wie z.B. Syphilis, die bei entsprechender Behandlung ja keinesfalls lebensbedrohend sind, es sei denn, es kommt zuhause das Nudelholz zum Einsatz. Und bei den Scheidungsgesetzen in Deutschland ... Zugewinnausgleich, Unterhalt, Ausgleich der Altersvorsorge ... erhalten dann auch solche STDs plötzlich eine ganz andere Dimension, über das rein Medizinische weit hinaus.

Warum nutzen die ängstlichen Kandidaten nicht die Mittel, die in jeder Arztpraxis, in jedem Krankenhaus unentbehrlich sind?

Bitte, jetzt keinen Lachkrampf kriegen, nicht ausrasten, ich schreibe jetzt für die ängstlichen Kandidaten. Alle anderen brauchen das ja nicht zu machen und auch gar nicht erst zu lesen. Aber eigentlich ist das Prozedere ja auch für den Fall eines Kondomunfalls interessant:

Penis zunächst unter fließendem Wasser mit Seife waschen. Vorhaut dabei zurückziehen, Eichel und Innenseite der Vorhaut (hier sitzen Zellen, an die HIV andocken kann!) vorsichtig reinigen, ohne Druck auf die Schleimhaut auszuüben! (Bis hier geht die „offizielle“ Empfehlung, z.B. die Deutsch-Österreichischen Empfehlungen zur Postexpositionellen Prophylaxe der HIV-Infektion, Aktualisierung Januar 2008; alles weitere wäre jetzt sozusagen zusätzlich).

Dann vorsichtig trocken tupfen (nicht reiben, um nicht noch Erreger in die Haut einzureiben), dann – im trockenen Zustand – ein medizinisches Desinfektionstuch (am besten aus der Apotheke) oder – noch besser - direkt ein flüssiges medizinisches Hände-/Hautdesinfektionsmittel mit bakteriziden und viruziden Eigenschaften zur Anwendung bringen. Gibt es in kleinen, praktischen Fläschchen in der Apotheke.

Das Wirkungsspektrum sollte bakterizid und viruzid (inkl. HBV, HIV, HCV, HPV, Herpes simplex) sein.

Wichtig ist der Unterschied zwischen „begrenzt viruzid“ und „viruzid“. HPV ist ein hüllenloses Virus und schwieriger zu inaktivieren als z.B. HIV oder Herpes simplex. Ein „begrenzt viruzides“ Hände-/Hautdesinfektionsmittel wirkt nicht gegen HPV. Daher sollte das Desinfektionsmittel, wenn schon, denn schon, „viruzid“ sein.

Hier ein Zitat aus der Produktbeschreibung eines Desinfektionstuches:
„Zur Hände- und Hautdesinfektion sowie zur Desinfektion kleiner alkoholunempfindlicher Flächen sowohl im professionellen als auch im privaten Bereich. ...
Mindestens 1 Feuchttuch für die Hände- und Hautdesinfektion mit einer Einwirkzeit von 30 Sek. anwenden.
Zur Desinfektion von Hautpartien und Gegenständen ist eine vollständige Benetzung und Feuchthaltung notwendig.“

Die direkte Benetzung mit einem flüssigen Hände- / Hautdesinfektionsmittel (statt Desinfektionstuch) dürfte aber noch effektiver sein. Mit der Flüssigkeit erreicht man auch für ein Desinfektionstuch schwer zugängliche Stellen wie am Eichelhals oder in Hautfalten im deerigierten Zustand. In Hinblick auf HIV (was ja bei FO normalerweise irrelevant ist, aber im Falle eines Kondomunfalls beim GV oder AV schon eher ins Interesse rückt) ist ja zu bedenken, dass die Vorhautinnenseite empfänglich ist, weil hier Immunzellen sitzen, an die HIV andocken könnte. Eine gründliche Desinfektion aller Stellen in diesem faltigen Bereich wird man mit Flüssigkeit besser erreichen als mit einem Desinfektionstuch.

Trockenen (vorsichtig trocken getupften) Penisschaft und äußere Abschnitte der Eichel benetzen, Harnröhrenausgang aber auslassen und darauf achten, dass nichts in den Bereich des Harnröhrenausgangs fließt (brennt fürchterlich!). Nach Herstellerangaben einwirken lassen, meistens 30 Sekunden, besser länger. Man braucht es nicht abzuwaschen, sondern von selbst antrocknen lassen.

Ich habe das im Selbstversuch mehrfach ausprobiert, obwohl ich nie in die Situation gekommen bin, wo ich das wirklich hätte anwenden müssen. Wenn man sich daran hält, den Harnröhrenausgang und dessen unmittelbare Umgebung nicht zu benetzen, dann ist das gut erträglich. Das alkoholische Lösungsmittel verdampft zwar allmählich, diese Dämpfe führen vorübergehend zu einem leichten Brennen am Harnröhrenausgang, vor allem, wenn man sich gleich den Badenmantel anzieht. Einige Minuten nackt bleiben ist da günstiger. Sollte das Brennen doch mal zu stark werden, kann man ja auch abduschen, sofern die vom Hersteller angegebene Einwirkzeit eingehalten wurde.

Allerdings kann man jetzt richtigerweise einwenden, der Harnröhrenausgang selbst wurde ja nicht desinfiziert. Auch dort können ja Erreger andocken, z.B. HIV. Zwar stellt HIV in der Normalsituation für den Mann beim FO (in der Hetero-Situation) kein Risiko dar, aber dieselbe Prozedur empfiehlt sich ja auch z.B. im Falle eines Kondomunfalls beim GV oder AV, und da diese Unfälle für die Betroffenen typischerweise mit HIV-Angst verbunden sind, sollte man wenigstens nach solch einem Unfall dann auch den Harnröhrenausgang in die Prozedur mit einbeziehen. Da man hier aber auch mit Schleimhaut zu tun hat (darum brennt ja das alkoholbasierte Händedesinfektionsmittel so stark), kommen hier schleimhautdesinfizierende Mittel infrage, wie man sie beispielsweise auch zur Antiseptik im Mund- und Rachenraum anwendet. Aus meiner Sicht erscheint hier 0,2%ige Chlorhexidin-Lösung (CHX) sinnvoll. In vitro-Studien belegten bei 0,12 % und 0,2 % CHX eine 100%ige Inaktivierung von HIV und Herpes-simplex Typ1. Die HIV-Hemmung funktionierte sogar bis zu einer Verdünnung von 1 : 4 (also rechnerisch 0,03 %).

Wen es interessiert, hier die Quelle:

BAQUI AA, KELLEY JI, JABRA-RISK MA et al., In vitro effects of oral antiseptics on human immunodeficiency virus-1 and herpes simplex virus type 1.
Clin Periodontol. 2001 (Juli), 28 (7): 610-6.

Ich habe das im Selbstversuch ausprobiert mit 0,2 % CHX; es entstand bei mir kein Brennen am Harnröhrenausgang, die Prozedur war in keiner Weise unangenehm.

Für alle, die mich jetzt für völlig ausgerastet oder entartet haltet: ich sage ja nicht, dass man das machen muss oder soll. Ich habe in verschiedenen Gesundheitsforen aber schon mehrfach Berichte von Männern gelesen, die sich vor Panik nicht mehr retten konnten, nachdem sie sich mal bei einer SDL auf ein bisschen FO eingelassen hatten oder gar einen Kondomunfall beim GV hatten. Diesen ängstlichen Kunden könnte mit diesen Tipps in Zukunft geholfen werden, dass sie ihr (objektiv gesehen) ohnehin sehr kleines Risiko noch weiter verringern können. (Man ahnt gar nicht, wie ein Kondomunfall im P6 das Leben eines Mannes verändern kann ...).

Wir Männer haben bei einem Kondomunfall wenigstens diese Möglichkeit – die Frauen haben kein gleichwertiges Äquivalent zur Verfügung! (Vor Scheidenspülungen wird gewarnt, weil dadurch Sperma und Krankheitserreger noch weiter in den Körper hineingespült werden könnten, auch in Bereiche, die für das Andocken von HIV besonders empfänglich sind, und weil Mikroverletzungen, also feinste Schleimhauteinrisse, die mit einem solchen Prozedere verbunden sein könnten, das Infektionsrisiko erhöhen. Daher beschränken sich die Empfehlungen für die Frau bei einem Kondomunfall auf äußerliches Abbrausen und Pressen, womit erreicht werden soll, wenigstens einen Teil des Spermas aus der Scheide zu entfernen).

Wichtig auch beim Kondomunfall: erst wie beschrieben unter fließendem Wasser vorsichtig mit Seife abwaschen, dann trocken tupfen (nicht reiben), dann die „Prozedur“. Die Desinfektionsprozedur ersetzt nicht das vorherige Waschen!

Übrigens: auch Pinkeln wird empfohlen, um Keime aus der Harnröhre zu spülen, die schon tiefer eingedrungen sind, wo also ggf. das Antiseptikum wie CHX nicht hinkommt.

Ich persönlich halte ein solches Konzept vor allem für den Fall eines Kondomunfalls für sinnvoll. Ob das nach normalem FO empfehlenswert ist? Aus HIV-Sicht wäre es eigentlich überflüssig, aber wegen anderer Keime vielleicht, vor allem, wenn man zuhause Probleme bekommen könnte, falls man sich was holt – und seien es nur ein paar harmlose Herpes-Bläschen am Penis. Das kann zuhause womöglich schwere Erklärungsnöte bedingen ...

(Ich will also nicht so verstanden werden, dass ich hier gesagt hätte, man müsse nach jedem Blasen den Penis desinfizieren weil man sonst AIDS bekommt! Eine solche Aussage wäre absoluter Blödsinn! Wenn man als Mann nach FO eine antiseptische „Behandlung“ des Penis erwägt, dann aus anderen Gründen, eben vor allem wegen Keimen wie Herpes simplex oder vielleicht auch HPV-Feigwarzen, mit denen man zuhause sehr unangenehm auffallen könnte, die aber nicht wirklich gefährlich sind).

Falls jetzt einer nach Studien fragt: natürlich sind diese Empfehlungen nicht durch kontrollierte Studien abgesichert, aber unter Berücksichtigung der Wirkungsweise der Präparate ist es einfach naheliegend anzunehmen, dass eine solche Prozedur, zeitnah angewandt (im Falle eines Kondomunfalls direkt nach dem Unfall, auch wenn das Zeit kostet, die von dem Zeitbudget auf Zimmer abgeht), das Infektionsrisiko verkleinern kann (ich sage nicht: auf Null bringt!).

Natürlich wird es nie eine Studie zu der Frage geben. Wie sollte die aussehen? Viele Männer rekrutieren; vorm P6-Besuch umfangreiche STD-Untersuchung und Serologie; überwachter Kontakt mit der STD (was wird auf Zimmer wie gemacht?); überwachte Waschung und Desinfektionsprozedur danach; anschließend mehrere Nachuntersuchungen in definierten Zeitabständen. Und um statistisch abgesicherte Ergebnisse zu erhalten, braucht man angesichts des geringen absoluten STD-Risikos bei FO oder Kondomunfällen enorme Fallzahlen, also Zigtausende von Männern! Auf dem Drogenstrich reichen wegen der dort vermutlich höheren Risiken vielleicht etwas weniger Männer, aber immerhin ... es ist einfach unrealistisch, dass es je zu einer solchen Studie kommt. Einen hohen Evidenzlevel wird es daher für die von mir vorgeschlagene Prozedur nie geben können (die sich sozusagen an die von Ärzteorganisationen vorgeschlagenen Maßnahmen anschließt, diese aber nicht ersetzt!),
aber es erscheint mir – zumindest für den Fall eines Kondomunfalls – besser als gar nichts zu machen und nur zu jammern.

Man muss natürlich die beiden Präparate bei sich haben (im Spind) und wen das interessiert, der sollte das zuhause mal in Ruhe ausprobieren. Wer nämlich das alkoholbasierte viruzide Hautdesinfektionsmittel auf den Harnröhrenausgang träufelt, wird wohl für diesen Tag im Club keinen Spaß mehr haben können.
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Fortsetzung folgt

MikeS · 7. Mai 2010

Fortsetzung:

Zitat von Heutegeil im RF:

III.2 Vorsichtsmaßnahmen für SDLs

1. Hepatitis-B-Impfung dringend erwägen (nach vorherigem Bluttest)

2. Darauf achten, dass man keine aufgeplatzten Lippen hat; Lippen gut einfetten, bei Bedarf geeignete Präparate aus der Apotheke

3. Dezente Inspektion von Penis und allgemeinem Haut-/Gesundheitszustand (in Australien sogar vorgeschrieben!). Bei kleinstem Verdacht: Kondom statt FO oder gar kein Sex!

4. Vorbehandlung mit Desinfektionstuch. Die Idee stammt nicht von mir oder aus der Literatur, sondern ich habe es selbst erlebt. (Ich habe dann, als es so weit war, zwar doch zur großen Überraschung der CDL um ein Kondom gebeten, aber die Prozedur mit dem Tuch einfach mal interessehalber über mich ergehen lassen). Es hat nicht, wie bei Desinfektionsmitteln üblich, am Harnröhrenausgang gebrannt. Ich fand es einfach süß. Erinnerte mich ein bisschen an Rollenspiele (Krankenschwester). Für Rollenspiele bezahlt man Aufpreis – und hier bekommt man das kostenlos dazu!

Sie hat das sehr gut und gründlich gemacht (Einwirkzeit!) und für eine junge Rumänin, erst 2 Monate in Deutschland und 1 Monat im P6 tätig, originelle Idee und Respekt! Vielleicht ist das aber auch allgemein üblich und ich weiß das einfach nicht, weil ich bisher nie in eine FO-Situation kam?

Man sollte sich jetzt keine Illusionen machen: gegen Infektionserreger, die bei FO im Falle der Aufnahme mit dem Sperma in den Mund geschossen würden, nutzt das natürlich nichts. Gegen Sekret aus der Harnröhre (z. B. bei Tripper) natürlich auch nichts. Wer also sowieso FO mit Aufnahme vor hat, wird davon eher wenig profitieren.
Aber vor einem normalen FO ohne Aufnahme, für ein Anblasen (bevor das Lusttröpfchen kommt), sicherlich eine interessante Idee, um sich vor Keimen zu schützen, die außen auf dem Penis sitzen.

5. Als SDL sollte man auch daran denken, dass immer mal etwas beim FO schief gehen kann. Sicherlich hat eine SDL sehr viel Erfahrung, wann sie mit FO aufhören muss, damit es nicht doch noch zur Aufnahme kommt ... aber im Eifer des Gefechtes ... Es gibt noch einen Aspekt: Es gibt bestimmte Medikamente, bei denen – jedenfalls nach eigenen Erfahrungen – der Orgasmus ziemlich schwach erfolgt, das Zeug läuft raus wie beim Pinkeln – man merkt nicht viel, es zuckt nicht viel (z. B. Anticholinergika). Unter einer solchen Medikation hat man zwar nicht unbedingt Lust auf Sex ... aber vielleicht der eine oder andere doch?

Was ich damit sagen will: auch eine SDL, die nur FO anbietet, muss damit rechnen, dass es mal versehentlich zur Aufnahme kommt. Sie sollte ein Konzept haben, wie sie sich im Falle eines Falles dann verhält (z.B. nicht zu schlucken, Sperma vorn im Mund halten, nicht in den Rachenraum gelangen lassen, sofort ausspucken, dann mehrfach kurz, aber intensiv mit Wasser spülen und ausspucken; Details s.u.).

Aus demselben Grund sollte sie aber vorsichtshalber wenigstens dann ganz auf FO verzichten (und nur mit Kondom, auch wenn man eigentlich FO im Programm hat), wenn Risikofaktoren oder –indikatoren vorliegen, die im Falle einer (versehentlichen) Aufnahme mit einem erhöhten HIV-Risiko verbunden wären, also z.B.

- ausgeprägte Mundtrockenheit (z.B. durch Medikamente, aber auch Stress).
- Wunden, Geschwüre, Entzündungen im Mund-, Rachenbereich, Mandelentzündung, Herpes, auch wenn schon verheilt
- kleine oder größere Wunden nach Zahnbehandlungen.

Einen Aspekt sollte man auch nicht übersehen: die Sexualanamnese des Kunden. Klingt komisch, aber ist es nicht so, dass die SDL die einzige Person ist, mit der man offen über sein Sexleben spricht? Wenn sich dann jemand schon als „besonders hohes Risiko“ zu erkennen gibt, sollte man vielleicht doch ein bisschen vorsichtiger sein und ein Kondom nehmen – eben für den Fall der Fälle, dass es versehentlich zur Aufnahme kommt, aber auch wegen der anderen Keime, die auch ohne Aufnahme relevant werden könnten.

6. Antiseptische Spülung des Mund-Rachen-Raumes ?

Die antiseptische Spülung nach FO wäre quasi das weibliche Äquivalent zur Desinfektion des Penis beim Mann nach FO.

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, Mund und Rachen mit einer desinfizierenden Lösung zu spülen: hochprozentiger Alkohol (in Bezug auf HIV werden 70 oder 80 % empfohlen!), 5 % PVP-Jod-Lösung, 3 % Wasserstoffperoxid, 0,2 % Chlorhexidin (CHX), Listerine.

Hochprozentiger Alkohol ist sicherlich eine sehr gute Empfehlung, aber wegen des sich danach ergebenden Geruchs wohl eher in Ausnahmesituationen und nicht so zwischendrin im Cluballtag? (Aber auf jeden Fall sinnvoll bei einer versehentlichen Aufnahme, Details s. weiter unter Punkt 7).

25 %-iger Alkohol inaktiviert in vitro HIV ebenfalls vollständig (z.B. bei der Instrumentendesinfektion) – benötigt aber viel mehr Zeit (5 Minuten).
Wenn also kein hochprozentiger Alkohol zur Verfügung steht, kann man durchaus auch alkoholische Getränke mit mittlerem Alkoholgehalt (z.B. 40 %) nehmen, muss aber daran denken, dass sie im Mund auch noch durch Speichel verdünnt werden, und dementsprechend länger spülen / gurgeln (minutenlang).

Alkoholbasierte PVP-Jod-Lösung (5 %) wird auch für diese Zwecke empfohlen, ist im klinischen Alltag sogar ein Mittel der ersten Wahl, vor allem auch bei HIV-Risiko (z.B. Blutspritzer in den Mund), erscheint mir aber für den P6-Bereich ungeeignet (Verfärbungen, hohes Allergiepotential).

In vitro erwiesen sich sowohl Chlorhexidin (CHX) 0,12 %, Chlorhexidin 0,2 % und Listerine als grundsätzlich wirksam gegenüber HIV, Chlorhexidin auch in einer Verdünnung 1 : 4. Im direkten Vergleich ist Chlorhexidin offenbar etwas besser wirksam als Listerine, das ätherische Öle als Wirkstoffe enthält. CHX ist auch sehr gut wirksam gegen Herpes-simplex-1 und auch gegen Hepatitis-B-Viren. Zumindest immer dann, wenn zumindest theoretisch HIV mit im Spiel sein könnte, würde ich entweder 80%igem Alkohol oder CHX den Vorzug geben, möglichst 0,2 %. Allerdings: es gibt keine Daten zur HIV-Wirksamkeit von CHX im Mund; die Hoffnung, dass es was nutzt, resultiert nur aus Laborexperimenten. Also kein Grund, sich darauf zu verlassen!

Ich habe das mit Chlorhexidin (0,2 %) mal näher im Selbstversuch verfolgt. Wie zu erwarten, verfärbte sich nach einigen Tagen die Zunge unschön bräunlich, zwar nicht ganz vorn, aber auf dem Zungenrücken. Das wird wohl keiner CDL so gefallen. Nach Literaturangaben soll die Verfärbung aber nur bei einem 1/3 aller Fälle von langdauernder Anwendung eintreten, also nicht in jedem Fall. Durch Anwendung von Zungenreinigern lässt sich das dann auch nicht beseitigen, aber wenigstens etwas reduzieren. Möglicherweise (nicht selbst ausprobiert) hilft auch häufiges Kaugummikauen? Weitere Nebenwirkungen bei langfristiger Anwendung sind reversible Verfärbungen der Zähne und Geschmacksirritationen. Laut Beipackzettel wird auch bei 0,2 %igen Präparaten durchaus empfohlen, das auch 2 bis 3 mal pro Tag anzuwenden (man trinkt es ja nicht, sondern spuckt es dann wieder aus). Allerdings ist CHX offiziell nicht für die Daueranwendung vorgesehen, eben wegen dieser Nebenwirkungen (reversible Verfärbungen von Zähnen, Zunge, Geschmacksveränderungen).

Chlorhexidin gilt als Goldstandard für die Desinfektion der Mundhöhle und wirkt auch gehen behüllte Viren (u.a. auch gegen Hepatitis-B-Viren wirksam, aber eben nicht gegen das unbehüllte HPV). Für eine gelegentliche Anwendung z.B. unmittelbar nach einer besonderen Risikosituation (z.B. versehentliche Aufnahme) erscheint mir das (neben 80 % Alkohol) als das Beste, was man lokal im Mund zur Zeit machen kann. Ob die Daueranwendung (nach jedem FO) für eine SDL infrage kommt, müsste sie selbst ausprobieren. Ich sehe das kritisch. Sie befindet sich dann sowohl was die Anzahl der Anwendungen pro Tag als auch die Dauer der Anwendung (womöglich über Monate und Jahre) betrifft, weit außerhalb der Empfehlungen der Hersteller und der Angaben im Beipackzettel. Rein formal ist daher davon abzuraten, und die lokalen Nebenwirkungen werden sie wohl auch sowieso davon abhalten. Sehr selten, aber möglich ist aber auch eine allergische Sensibilisierung.

Es gibt noch ein Präparat, das im Zusammenhang mit einer vermeintlichen Schutzwirkung gegen HIV im Gerede ist, Listerine Antiseptik. Ich sah übrigens kürzlich im Club eine leere Verpackung herumstehen, die Mädchen machen sich also Gedanken. Es ist eine Mundspüllösung mit ätherischen Ölen (Thymol, Menthol, Eucalyptol) sowie entzündungshemmendem Methylsalizylat. Es spielt also in einer ganz anderen Liga als CHX. CHX ist ein Arzneimittel, in Apotheken zu kaufen, in der Roten Liste gelistet. Listerine ist ein Drogerieartikel, den man nicht in der Roten Liste findet, also arzneimittelrechtlich ganz anders einzuordnen. Der Vorteil von Listerine im Vergleich zum CHX ist, dass es keine Verfärbungen macht und auch für die Daueranwendung geeignet ist. Tatsächlich erwies es sich in der o.g. in-vitro-Studie aus 2001 als gut wirksam gegenüber HIV und Herpes-simplex-Typ 1. Unverdünnt hemmte es HIV zu 100%, CHX schaffte das aber auch noch in einer Verdünnung von 1 : 4. In einer anderen Studie wurde durch 1 : 2 verdünntes Listerine (für ebenfalls 30 Sekunden) HIV nur zu mehr als 60 %, aber eben nicht komplett gehemmt (YAMANAKA A et al., Bull Tokyo Dent Coll. 1994, 35 (1): 23-6). Gegen bestimmte Bakterien (wobei es sich in der Studie nicht um STD-relevante Keime handelte) war es dagegen sehr gut wirksam. Auch hier gilt wieder: das sind Laborexperimente, über die Wirksamkeit gegen derartige Erreger im Mund sagt das letztendlich nichts aus!

Spülungen mit 3%igem Wasserstoffperoxid (in der Apotheke günstig zu erhalten) werden ebenfalls empfohlen, die Daueranwendung in dieser hohen Konzentration wird zwar kontrovers diskutiert, gilt aber insgesamt als vertretbar, wenn nichts geschluckt wird (kann sonst zu Gastritis führen). Jedenfalls zeigten sich nach 18-monatiger Spülung mit einer 1,5-%igen Lösung keine allgemeinen Schleimhautirritationen oder Verfärbungen. Für die häusliche Mundhygiene werden allerdings in der Regel meist nur Konzentrationen von 0,3 % bis 0,5 % empfohlen, ein besserer antiseptischer Effekt wird aber mit > 1,0 % erreicht. Aber auch die 3 %ige-Lösung ist, wenn sie nicht in größeren Mengen verschluckt wird, gilt noch gut verträglich. Selbst bei mehrjähriger Anwendung wurden nur gelegentlich vorübergehende irritierende Effekte bei einem kleinen Personenkreis beobachtet, der an bereits vorbestehenden Ulzerationen litt. Während sich hochprozentiges Wasserstoffperoxid (30 %) im Tierversuch (Hamster) als Kokarzinogen erwies, fanden sich bei 3 % Wasserstoffperoxid weder kokarzinogene Effekte noch relevante Nebenwirkungen selbst bei langer Anwendung.

Problematisch sind Haltbarkeit und Lichtempfindlichkeit; es zersetzt sich mit der Zeit in Wasser und Sauerstoff und soll möglichst kühl gelagert werden. Die Angaben dazu, wie lange angebrochene Flaschen bei Raumtemperatur noch genutzt werden können, variieren zwischen 1 und 6 Monaten. Man kann der Lösung ja nicht ansehen, wie viel Prozent Wasserstoffperoxid sie noch enthält.

Die Wirksamkeit ist stark bakterizid, daneben auch gegen behüllte und auch hüllenlose Viren, wobei die Wirkung gegen Viren aber nur langsam einsetzt. Selbst eine 4%-ige Lösung inaktiviert Hepatitis B erst nach 90 Minuten. Zur Inaktivierung von HIV wird gelegentlich sogar 6 % Wasserstoffperoxid empfohlen - dies ist mehr als für Mundspülungen maximal vertretbar erscheint (3 %). Aus diesem Grund halte ich persönlich Wasserstoffperoxid zumindest unter HIV-Gesichtspunkten nur als ein Mittel der 2. oder gar 3. Wahl, auch wenn die Daueranwendung sicherlich unproblematischer ist als bei CHX oder hochprozentigem Alkohol.

Ich persönlich hätte in Risikosituationen in 0,2 % CHX oder 80 % Alkohol ein höheres Vertrauen; auf die grundsätzlichen arzneimittelrechtlichen Unterschiede zwischen CHX und Listerine hatte ich schon hingewiesen. Aber Listerine, Wasserstoffperoxid oder verdünnter Alkohol (z.B. 40 %) sind vermutlich immer noch besser als Leitungswasser oder gar nichts – wobei man bei verdünntem Alkohol (z.B. aus entsprechenden Getränken) allerdings die Spüldauer auf einige Minuten verlängern sollte.

Eine mögliche Kompromisslösung für SDLs, die FO betreiben, aber ihr Risiko reduzieren wollen (nicht nur speziell auf HIV, sondern auf STDs insgesamt) wäre daher: CHX-Spülung oder 80%-Alkohol- oder mehrmütige Spülung mit einem ca. 40%igem alkoholischen Getränk (man muss es ja nicht schlucken!) in besonderen Risikosituationen, z.B. nach gelegentlicher (versehentlicher) Aufnahme oder wenn man sich sonst irgendwie besonders unsicher fühlt; Listerine im Routinefall (z.B. FO normal ohne Besonderheiten). Dann befindet man sich auch noch einigermaßen im Rahmen der Anwendungsempfehlungen der Hersteller. Wichtig: nicht „zur Sicherheit“ beides direkt nacheinander anwenden, sondern entweder / oder. Bei kombinierter Anwendung ist unsicher, ob sich die Wirkung verstärkt oder gegenseitig aufhebt. Wenn man beides anwenden will, etwas Zeitabstand lassen (mindestens 1 Minute oder länger).

Hinweis zu HPV:

Man kann von CHX allerdings keine Wirkung gegen HPV erwarten! CHX erwies sich in vitro nicht in der Lage, hüllenlose Viren zu inaktivieren (auch wenn es nicht konkret gegen HPV getestet wurde, aber stellvertretend gegen verschiedene andere hüllenlose Viren). HPV-wirksame, viruzide Haut- oder Händedesinfektionsmittel können dagegen auf Schleimhäuten bzw. im Mund nicht angewandt werden.

In-vitro-Studien hatten immerhin im Jahr 2006 gezeigt, dass Carrageen (ein Polysaccharid aus Rotalgen) noch in hohen Verdünnungen hoch wirksam gegenüber den hier relevanten HPV-Typen ist, indem es das Andocken an menschliche Zellen behinderte; allen zum Vergleich herangezogenen Stoffen weit überlegen (BUCK CB et al., PloS Pathog. 2006; 2(7): e69; Artikel frei zugänglich). Auch gegenüber HIV und Herpes simplex soll zwar eine gewisse Wirksamkeit bestehen, allerdings erwies sich ein entsprechendes Vaginalgel (Carraguard) in der klinischen Anwendung als unwirksam, vaginale HIV-Infektionen zu vermeiden, was große Hoffnungen enttäuschte. Aufgrund des völlig anders gearteten Bauplans des HPV-Virus im Vergleich zu HIV kann hieraus aber noch nicht auf Unwirksamkeit auch gegen HPV geschlossen werden.

Carrageen ist z.B. als Verdickungs- und Geliermittel weit verbreitet (Lebensmittelzusatzstoff E 407), in Bio-Lebensmitteln zugelassen und sogar in mancher Kindernahrung enthalten. Auch in Gleitmitteln und manchen Kondomen war es quasi zufälligerweise zu einem Zeitpunkt (vor 2006) vertreten, als man von einer möglichen Anti-HPV-Wirkung noch gar nichts wusste. Und selbst carrageen-haltige Kindernahrung zeigte sich – im Gegensatz zu frischer Milch oder carrageen-freier Kindernahrung – in vitro als wirksam gegen HPV 16. Andererseits: nicht alle carrageen-haltigen Produkte wirkten HPV-hemmend. Entweder enthielten sie zu geringe Carrageen-Mengen, weniger wirksame Carrageen-Typen (es gibt unterschiedliche!), oder Begleitstoffe beeinträchtigten die antivirale Wirkung.

Für die orale Anwendung fand ich (außer Zahnpasten) nach langer Suche nur ein carrageen-haltiges Produkt, Listerine Cool Mint PocketPaks (Mundpflegestreifen) – für frischen Atem, gegen Mundgeruch – einfach bis zur vollständigen Auflösung auf der Zunge zergehen lassen. Eigentlich für die Anwendung im P6-Bereich wie geschaffen, könnte man ein Stück vor FO oder Lecken und eines direkt danach nehmen, ohne dass es die weiteren Aktivitäten stört ...

Trotzdem bin ich extrem skeptisch. Erstens ist die Konzentration von Carrageen darin nicht bekannt (das Carrageen wurde da ja nicht rein getan wegen der Anti-HPV-Wirkung, sondern befand sich da schon immer drin, als man von der Anti-HPV-Wirkung noch nichts wusste!). Zweitens enthält Listerine so viele andere Stoffe, u.a. verschiedene ätherische Öle, die zwar antiseptisch wirken, über deren Wechselwirkung mit Carrageen im Zusammenhang mit HPV-Hemmung nichts bekannt ist. In der Studie von BUCK et al. war dieses Produkt leider nicht enthalten (anno 2006 war das Thema orale HPV-Infektion noch nicht so aktuell wie heutzutage). Die Frage ist wahrscheinlich nie untersucht worden. Vielleicht ist es auch untersucht worden und für unwirksam befunden worden und daher nicht publiziert worden (sog. Publication Bias)? Immerhin sind 4 Jahre seit dieser Studie vergangen. Dass man dies in Hinblick auf eine orale Anwendung nicht weiter verfolgt hat, macht mich skeptisch, es ist doch so naheliegend. Die Methode von BUCK et al. mal in Bezug auf die PocketPaks angewandt (und zugänglich publiziert), und man wäre wenigstens einen Schritt weiter. Die Wirksamkeit in vitro sagt natürlich immer noch nichts über den Nutzen in vivo (siehe Carraguard und HIV). Nicht zu verschweigen, dass Carrageen auch als krebserregend diskutiert wird, andererseits ist der Stoff in so vielen Produkten drin, dass wir uns ihm sowieso nicht entziehen können.

Wenn man die Wirksamkeit in vitro nachweisen könnte – das wäre doch ein enormer Impuls für den Markt für diese Produkte. Okay, es ist kein Arzneimittel, und die Wirksamkeit in vivo wäre damit ja auch noch nicht bewiesen, daher dürfte die Firma wohl sowieso nicht damit werben. Aber positive in-vitro-Daten, zugänglich publiziert, würden sich in der heutigen Zeit schon schnell herumsprechen und den Verkauf in die Höhe treiben. Warum nutzt die Industrie diese Chance nicht? Das ist doch ein Markt, den es zu erobern gilt. (Es gab ja schon andere in-vitro-Studien für Listerine-Produkte, z.B. gegen HIV, Herpes simplex, orale Bakterien).

Eben genau dieser Umstand macht mich so skeptisch in Bezug auf die Listerine Cool Mint PocketPaks im speziellen und die orale Anwendung von Carrageen zur HPV-Prävention im allgemeinen. Dass keiner die Marktchance nutzt, ist doch verdächtig?

Weiß jemand mehr? Dann bitte in diesem Thread antworten!

Hochprozentiger Alkohol (70 % Äthanol) erwies sich dagegen in vitro als wirksam gegenüber HPV (RODEN RB et al., J Infect Dis 1997; 176: 1076-9). Die regelmäßige Anwendung im Cluballtag erscheint aber wohl für die meisten Kunden wie SDLs ausgeschlossen.

Außerdem ist der häufige Genuss von so hoch konzentriertem Alkohol selbst bekanntlich krebserregend in Mundhöhle, Rachenraum und Speiseröhre (als eigenständiger Risikofaktor) und potenziert die entsprechenden Risiken des Rauchens. Es macht also keinen Sinn, zum Schutz vor HPV nach jedem FO, ZK oder Lecken mit so hochprozentigem Alkohol zu spülen und gurgeln, wenn man sich damit ein alkoholbedingtes Krebsrisiko einfängt.

Um das deutlich zu unterscheiden: wenn es mal gelegentlich oder versehentlich zu einer Aufnahme gekommen ist, dann ist – nach Ausspucken und Ausspülen mit Wasser – die anschließende Desinfektion von Mund und Rachen mit hochprozentigem Alkohol sehr sinnvoll, bietet sie doch einen guten Schutz gegen verschiedene virale Erreger, darunter auch HIV und HPV. Von dieser gelegentlichen Anwendung in Risikosituationen sollte man sich auch nicht von dem eben beschriebenen Krebsrisiko (bei häufiger Anwendung) abschrecken lassen.

Bei routinemäßiger Anwendung nach jedem FO, mehrmals am Tag, rückt das Krebsrisiko dann aber in den Vordergrund und es macht keinen Sinn, ein verhältnismäßig kleines HPV-assoziiertes Krebsrisiko mit einem dann womöglich viel größerem alkohol-assoziierten Krebsrisiko bekämpfen zu wollen! Abgesehen davon dass man mit einer Alkoholfahne auch bei den meisten Männern nicht gut ankommen wird ...

Fazit:

Leider fand ich keinen direkten Vergleich zur Wirksamkeit der verschiedenen Präparate in vitro, wobei ja besonders HIV und HPV interessieren würden. Die Frage ist ja durchaus auch im medizinischen Bereich relevant, wo Situationen denkbar sind, dass Blut eines HIV-positiven Patienten (oder einer Person mit unbekanntem Serostatus) in den Mund einer behandelnden Person spritzt. Insofern ist es schon erstaunlich, dass sich keine vergleichenden Studien in vitro unter praxisnahen Bedingungen (z.B. Verdünnung durch Speichel, pH-Wert, Salzgehalt usw.) finden ließen; entweder gibt es sie tatsächlich nicht, oder sie wurden schlecht zugänglich publiziert. Möglicherweise liegt dies ja auch daran, dass im Klinikalltag 5 %ige alkoholbasierte PVP-Jod-Lösung verfügbar ist, die sowieso ein Mittel der ersten Wahl darstellt, so dass sich die Frage nach Alternativen dort gar nicht stellt. Im Club-Alltag ist die Nutzung von PVP-Jod-Lösung dagegen unrealistisch (färbt stark, ggf. reizend, bei häufiger Anwendung hohes Allergiepotential und sogar Auswirkungen auf die Schilddrüse möglich).

Das macht die Sache ja so schwierig; wir haben 80 % Alkohol, für die routinemäßige Anwendung im P6 wegen des Säuferatems danach aber nicht geeignet (außer für seltene „Unfälle“ wie versehentliche Aufnahme). Notfalls könnte man stattdessen auch mehrere Minuten mit einem mittelprozentigen Getränk (z.B. 40 %) spülen, was das Problem des Alkoholatems aber auch nicht löst. Dann lieber gleich ein Fläschchen mit 80 % Alkohol dabei haben, das geht dann auch viel schneller und ist einfach praktischer und sicherer und wirkt auch gleichzeitig gegen HPV.

Wir haben CHX 0,2 %, in vitro sehr gut wirksam gegen HIV, Herpes simplex und Bakterien sowieso, aber unwirksam gegen HPV und für die Daueranwendung bzw. häufige Anwendung wegen der lokalen Nebenwirkungen letztlich auch nicht geeignet.

Wir haben Listerine Antiseptik, für die Daueranwendung geeignet, grundsätzlich in vitro auch gegen HIV, Herpes simplex und Bakterien wirksam, aber CHX dabei unterlegen. Und Listerine Cool Mint PocketPaks mit dem Potential, eventuell gegen HPV wirksam sein zu können (oder auch nicht). Und all das, was man über diese Mittel weiß, stammt aus in-vitro-Studien. Im Mund kann das alles ganz anders sein ... Ich komme hier zu keinem Ergebnis.

3% Wasserstoffperoxid hängt irgendwo dazwischen – lässt sich schwer einordnen; grundsätzlich HIV-wirksam, aber in welcher Konzentration? Für die Daueranwendung bis zu einer Konzentration von 3 % zwar grundsätzlich geeignet, aber wegen der Empfindlichkeit und leichten Zersetzbarkeit weiß man nach einiger Zeit nicht mehr, welche Konzentration man dort wirklich in seiner Flasche noch hat.

Damit ist aber auch klar: es ist nichts gesichert! Niemand kann (als SDL) sicher sein, dass sie sich nicht doch mit irgendwas bei FO oder FO mit Aufnahme infizieren kann (muss ja nicht gleich HIV sein, sondern irgendwas anderes aus dem Keimspektrum), nur weil sie danach mit CHX oder Listerine spült oder PocketPaks nutzt.

Ein Wundermittel oder „das“ Oralsex-Mittel gibt es (noch) nicht. Das oberste Ziel muss daher darin bestehen, Expositionen, deren Risiko oberhalb des für sich selbst festgelegten Risikolevels (oder dem des P6-Partners) liegt, von vornherein erst gar nicht einzugehen!
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Fortsetzung folgt

MikeS · 7. Mai 2010

Fortsetzung:

Zitat von Heutegeil im RF:

7. Sondersituation FO mit Aufnahme:

Wie bereits dargestellt, gehört Sperma nicht in den Mund, auch wenn zumindest das HIV-Risiko als gering zu bewerten ist, aber es besteht immerhin, am ehesten bei Sperma von frisch Infizierten, da der HIV-Gehalt im Sperma dann noch um Zehnerpotenzen größer ist.

Aber dennoch kann es ja mal versehentlich zur Aufnahme kommen, und daher steht der Aussage „Sperma gehört nicht in den Mund“ (und nicht ins Auge!) nicht entgegen, mal darüber nachzudenken, was man machen könnte, um das (kleine) Risiko noch weiter zu mindern, wenn es dann eben doch mal passiert.

7.1 In besonderen Risikosituationen, sei es auf der Seite des Kunden („freiwillige Sexualanamnese“, s.o.) oder auf Seiten der SDL (Entzündungen, Geschwüre, Verletzungen im Mund; nach Zahnbehandlungen; bei Mandel- oder Rachenentzündungen, bei starker Mundtrockenheit z.B. durch Medikamente wie z.B. Psychopharmaka, Anticholinergika; bei Halsschmerzen; bei Herpes, auch wenn der schon abgeheilt ist) von vornherein auf FO verzichten und nur FM anbieten, damit man erst gar nicht dem Risiko einer versehentlichen Aufnahme oder eines „übergroßen“ Lusttropfens ausgesetzt ist.

Wichtig: wenn man Herpes hatte, bleibt auch nach Abheilung der Bläschen über viele Wochen eine erhöhte Empfänglichkeit für HIV bestehen, u.a. weil sich an der Stelle verheilter Herpes-Läsionen Zielzellen angesammelt haben, an die HIV andocken kann. Dies könnte ein Grund sein, warum mehrere schwule Männer, für die nur Oralsex als Grund für die HIV-Infektion infrage kam, über „Aphten“ im Mund berichteten (aufgeplatzte Herpesbläschen?). Bei und nach einer akuten oralen Herpeserkrankung ist es daher besonders wichtig, Aufnahmen zu vermeiden – auch langfristig! (In entsprechenden Untersuchungen fand sich auch noch 2 Monate nach Abheilung ein erhöhtes Risiko!).

7.2 Zahnpflege nur im großen zeitlichen Abstand von FO (Zahnfleischbluten; kleine Verletzungen). Grundsätzlich weiche, neue, hochwertige Zahnbürsten (abgerundete Borstenenden) verwenden. Billigprodukte nicht renommierter Firmen können abgeschnittene, spitz zulaufende Borstenenden aufweisen, die zu unsichtbaren Mikroverletzungen führen können.
(Hinweis: dies wird immer gern im Zusammenhang mit HIV beschrieben; aber angesichts der Vielzahl relevanter Keime halte ich es ganz allgemein für sinnvoll, den Mund frei von Verletzungen zu halten).

7.3 Daran denken, dass bei gesunden Mundverhältnissen das Hauptrisiko für einen Eintritt für HIV bei FOMA aus biologischen Gründen im Bereich des lymphatischen Rachenringes, vor allem den Mandeln, liegt, wo aufgrund der zerklüfteten Oberfläche auch Spermareste lange hängen bleiben können. Auch die Schleimhaut der oberen Speiseröhre wird als Eintrittsmöglichkeit diskutiert, weil sich hier – wie im Rachen – dendritische Zellen finden, die sich als Zielzellen für HIV grundsätzlich eignen.

Das oberste Gebot muss also sein, wenn möglich, den Rachenraum freizuhalten von Sperma – falls sich das machen lässt. Auf keinen Fall schlucken, denn dann läuft alles durch den Rachenraum und benetzt diese kritische Zone großflächig. Also alles ganz weit vorn im Mund lassen, dass so wenig wie möglich in den Rachen gelangt!

Und bei der nachfolgenden Säuberung des Mundes ist auch darauf zu achten, dass nicht noch zusätzlich etwas in den Rachen und auf die Mandeln gelangt. Es gibt dazu keine wissenschaftlichen Untersuchungen, aber aus logischen Überlegungen erscheint mir folgende Reihenfolge sinnvoll:

a. Sperma so gut wie möglich im vorderen Mundraum halten, dass so wenig wie möglich in den Rachen gelangt, auf keinen Fall schlucken. Nicht sprechen!

b. Sperma sofort ausspucken, so schnell wie möglich! Die Verweildauer im Mund so gering wie möglich halten!

(Zitat aus den Deutsch-Österreichischen Empfehlungen zur Postexpositionellen Prophylaxe der HIV-Infektion, Aktualisierung Januar 2008:

„Grundsätzlich gilt, je länger die Verweildauer infektiöser Flüssigkeiten auf Wunden, geschädigter Haut oder auf Schleimhaut ist, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung“. Zwischen Aufnahme von HIV bis zur Anlagerung an die Wirtszelle vergehen nach experimentellen Studien 2 Stunden – das berühmte „2-Stunden-Fenster!“.)

c. Zunächst den vorderen Mundraum spülen und ausspucken, nicht gleich bis in den Rachenbereich, denn dann könnte man Spermareste durch das Spülen erst noch dahin verschleppen, wo sie auf keinen Fall hin sollen, nämlich in den Rachen und auf die Mandeln. (Wenn man natürlich merkt, dass sowieso viel "hinten" gelandet ist, dann macht es natürlich Sinn, auch den Rachenraum von vornherein mit in die Spülungen einzubeziehen, um hier so schnell wie möglich eine Keimreduktion zu erreichen).

Am Anfang kommt es zunächst darauf an, die Spermareste so schnell wie möglich auszuspülen und zu verdünnen; dazu kann man normales Wasser nehmen. Wichtig ist, immer nur kurz (ca. 15 Sekunden) zu spülen mit intensivem Hin- und Herbewegen im Mund, dann ausspucken, dann eine neue Portion Wasser, und dies mehrmals. So erreicht man eine zunehmende Verdünnung des Spermas. Langes im-Mund-Behalten des Wassers nutzt da nichts.

(Bis hier geht die „offizielle“ Empfehlung, z.B. Deutsch-Österreichische Empfehlungen zur Postexpositionellen Prophylaxe der HIV-Infektion, Aktualisierung Januar 2008; alles weitere wäre jetzt sozusagen zusätzlich, um einerseits den Rachen-/Mandelbereich gezielt mit einzubeziehen und das mögliche – letztendlich in vivo aber nicht untersuchte – Potential antiseptischer Spülungen auszunutzen).

d. Nachdem der vordere Mundraum gründlich gespült ist, dann auch den Rachen mit einbeziehen (u.a. wegen der Mandeln). Dasselbe Prozedere mit kurzen intensiven Wasserspülungen, dann gleich ausspucken und die nächste Portion Wasser usw., schließlich auch gurgeln und wieder ausspucken.

Durch dieses zweistufige Vorgehen arbeitet man sich von vorn nach hinten vor und verhindert ein Verschleppen von Spermaresten vom Mund in die hinteren, besonders gefährdeten Regionen bei den ersten Mundspülungen, wenn die Spermakonzentration noch recht hoch ist. Also: wenn es bei der Aufnahme gelungen ist, alles vorn im Mund zu halten, dann erst einige Mundspülungen, dann erst Rachenspülungen).

e. Nach Beendigung des mehrmaligen Ausspülens mit Wasser jetzt antiseptische Spülung.

Präparate siehe oben: 0,2 % CHX oder hochprozentigen Alkohol (80 %) als 1. Wahl, Listerine Antiseptik (als 2. Wahl) oder 3 % Wasserstoffperoxid (2. oder 3. Wahl). Notfalls mehrminütige Spülung mit mittelprozentigem Alkoholgetränk (um 40 %), wenn nichts anderes vorhanden ist.

f. Jetzt 1 Minute abwarten (Einwirkzeit) (Bei Alkohol unter 70 % mehrere Minuten, am besten 5 min!)

g. Dann Wasser trinken, um eventuelle Reste, die noch im Rachen, auf den Mandeln oder in der Speiseröhre sitzen, zu verdünnen und in den Magen zu spülen (die Magensäure tötet dann rasch alles ab).

h. Nach dem Trinken nochmals eine desinfizierende Rachenspülung/Gurgeln mit den oben genannten Präparaten, die man dann auch länger einwirken lassen sollte, also dann nicht gleich wieder Wasser trinken, sondern das jetzt in Ruhe wirken lassen.

i. Kein Zähneputzen in den nächsten Stunden. Und wenn man das Zähneputzen abends dann mal ganz auslässt, ist nicht so schlimm, man hat ja mit Antiseptika gespült.

Das Grundprinzip, das diesen Empfehlungen zugrunde liegt:

1. nicht sprechen und nicht schlucken
2. Sperma so schnell wie möglich raus aus dem Mund (erst mal ausspucken)
3 verdünnen und desinfizieren
4. Mandeln, Rachen schützen

Das Prozedere erscheint, so wie es hier beschrieben ist, zwar kompliziert, ist es aber eigentlich nicht. Wen es betrifft, sollte es mal in Ruhe einüben, dass man dann im Falle eines Falles nicht in Panik gerät, sondern das Vorgehen routiniert abspulen kann.

Dies alles ist keinesfalls wissenschaftlich abgesichert, sondern die Folge einfacher Überlegungen zu den Infektionswegen. Dies scheint mir ein Weg zu sein, was man tun kann, um das Risiko zu reduzieren - eine Diskussionsgrundlage. Es erscheint mir jedenfalls besser, als gar nichts zu tun oder das Zeug einfach herunterzuschlucken.

Zusatzhinweis (Auge):

Da HIV auch über die Schleimhäute am Auge (Konjunktiven) übertragen werden kann (entsprechende Fälle sind eindeutig dokumentiert, z.B. Blutspritzer ins Auge bei medizinischem Personal), sollte man auf Gesichtsbesamung verzichten (lieber Körperbesamung; außerdem soll Sperma im Auge stark brennen). Wenn Sperma ins Auge gelangt: reichliches Ausspülen mit Wasser oder Kochsalzlösung, nicht im Auge reiben (führt zu Mikroverletzungen der Schleimhäute, die dann erst recht Eintrittspforten für Erreger wie HIV darstellen).

CHX, Alkohol, Wasserstoffperoxid oder Listerine können im Auge nicht angewandt werden!
Bei Wasserstoffperoxid sind Spritzer ins Auge sogar unbedingt zu vermeiden!

Die offizielle Empfehlung lautet Spülung mit wasserbasierter 5%iger PVP-Jod-Lösung für 10 Minuten, aber wer hat das schon dabei? Bei häufiger Anwendung könnte auch das hohe Allergisierungspotential von Jod zum Problem werden.
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Fortsetzung folgt

MikeS · 7. Mai 2010

Fortsetzung:

Zitat von Heutegeil im RF:

III.3 Vorsichtsmaßnahmen beim Lecken

1. Lecktücher – nur der Vollständigkeit halber hier erwähnt, dass es das gibt

2. "Desinfektion" des Mund-Rachen-Raumes, wie oben schon unter III.2.5 beschrieben. Abgesehen von Sondersituationen (z.B. Blutungen bei der Frau, großflächige Wunden, Geschwüre usw. auf den Lippen oder im Mund des Mannes, Herpes) stehen ja beim Lecken nicht HIV* im Vordergrund, sondern eher die „Nudelholzkeime“ (wie Syphilis), aber auch Herpes simplex und HPV, wobei – wie schon dargestellt – die onkogenen HP-Viren-Typen wie vor allem HPV-16 für die Männer ein höheres Risiko im Mund-/Rachenraum darstellen als für Frauen.

* (Bei einer HIV-positiven Frau enthält zwar das Scheidensekret ebenfalls HIV-Viren, aber wesentlich weniger als in Sperma oder Blut. Da beim Lecken nur wenig Vaginalsekret in den Mund aufgenommen wird, dies durch den Speichel des Mannes verdünnt wird und Speichel darüber hinaus virusinaktivierend wirkt, ist das HIV-Risiko für den Mann eher hypothetischer Art, wenn nicht besondere Risikofaktoren wie Mundtrockenheit, Verletzungen/Geschwüre im Mund, Herpes (auch abgeheilter) usw. vorliegen.)

In Hinblick auf HIV und bakterielle Erreger erscheint mir 80 % Alkohol oder (zur Vermeidung der Alkohol-Fahne danach) CHX 0,2 % zum Spülen am sinnvollsten, ggf. auch Spülung mit mittelprozentigen alkoholischen Getränken um 40 % herum, dann aber für einige Minuten.

Hochprozentiger Alkohol hilft auch gegen HPV, CHX dagegen nicht. Ob Listerine Cool Mint PocketPaks wegen ihres Carrageen-Gehalts gegen HPV wirksam sind, weiß zur Zeit wohl keiner.

Aber wenn man nach dem Lecken etwas zur Infektionsprävention tun will, sollte man zunächst mal kurz mit Wasser spülen und ausspucken (Keimreduktion) und dann erst antiseptische Präparate anwenden. Dies alles geht sowieso erst nach Ende der Sitzung, also wohl in einigem zeitlichen Abstand zum Lecken. Außer den PocketPaks, die lassen sich mit dem Argument „frischer Atem“ sogar zwischendurch anwenden, aber ob das was nutzt, ist zur Zeit völlig offen.

III.4 PEP (antiretrovirale Postexpositionsprophylaxe):

Ich will hier nicht näher auf das komplexe Thema eingehen; es macht aber keinen Sinn, zum P6 zu gehen und sich dort auf etwas einzulassen, was man dann anschließend durch eine PEP (mit all ihren Nebenwirkungen) „ungeschehen“ machen lassen will. 100%igen Erfolg bietet die PEP sowieso nicht (ca. 80 % Risikominderung).

Und wer nach einem Kondomunfall an eine PEP denkt, wird es auch nicht leicht haben, diese verordnet zu bekommen. Nach entsprechenden Leitlinien und Empfehlungen stellt ungeschützter Sex mit einem HIV-positiven Partner (einschl. Oralsex mit Aufnahme) durchaus eine Indikation für PEP dar. Im P6-Bereich weiß man aber nicht, ob der Partner HIV-positiv ist, es ist sogar statistisch gesehen höchst unwahrscheinlich!

Ich hatte an anderer Stelle schon darauf hingewiesen, dass keine aktuellen Zahlen zur Prävalenz (Quote) von HIV bei SDL in Deutschland veröffentlicht sind. Nach älteren Daten aus den 90er Jahren und der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts war diese Quote aber sehr niedrig, je nach Studie zwischen 0 % und 1 %. Ob sich die neue Sorglosigkeit mancher SDL in Bezug auf GVO/AO inzwischen schon auswirkt, ist nicht bekannt. Das RKI müsste aufgrund des STD-Sentinels eigentlich über entsprechende Daten verfügen, hat diese aber nicht veröffentlicht. Aber auch eine solche pauschale Quote würde nicht wirklich weiter helfen, um das individuelle Risiko im Falle eines Kondomunfalls einzuschätzen. Auf dem Drogenstrich oder bei einer SDL, die frisch aus einem Hochprävalenzland eingereist und noch nicht getestet ist, ist das Risiko wohl weitaus höher als bei einer risikobewussten SDL in einem Club, der von den Damen regelmäßig Gesundheitschecks verlangt. Bei ihr ist man wahrscheinlich sogar viel sicherer aufgehoben als beim ONS mit einer Kneipenbekanntschaft! Daher ist es nach derzeitiger Datenlage in keinster Weise gerechtfertigt, SDLs oder Freier pauschal als „Hochrisikogruppe“ für HIV einzuordnen.

Was ich damit sagen will: wer z.B. nach einem Kondomunfall im P6-Bereich, egal ob als Freier oder SDL, zu einem Arzt wegen PEP geht, muss damit rechnen, dass der Arzt ihn bitten wird, ob er nicht den P6-Partner zu einem HIV-Schnelltest überreden kann. Wenn der dann positiv ausfällt (was aus o.g. Gründen ja sehr unwahrscheinlich ist), wird er die PEP wohl bekommen. Wenn er negativ ausfällt, erledigt sich die Sache (obgleich eine ganz frische Infektion ja damit nicht ausgeschlossen ist). Wie realistisch ist es, dass man eine SDL/einen Freier überreden kann, mit zum Arzt zu kommen, nur weil das Kondom geplatzt ist? Das ist wohl nur denkbar, wenn beide Seiten durch den Kondomunfall verängstigt sind. Dann ist das durchaus ein vernünftiges Konzept, zusammen zum Arzt zu gehen, einen Schnelltest zu machen, und dann über PEP zu entscheiden (und höchstwahrscheinlich wird sich dann das Thema PEP ja auch erledigen).

Denn ohne besondere bekannte Risiken beim P6-Partner liegt das Infektionsrisiko beim Sexunfall ja rechnerisch je nach Situation irgendwo zwischen 1 : 10.000 und 1 : 2000.000 (bei einem Risiko von 1 : 100 bei einer HIV-Quote von 1 % bzw. 1 : 2000 bei einer Quote von 0,1 %), vielleicht sogar darunter. Nach Auskunft eines in der AIDS-Therapie sehr erfahrenen Spezialisten ist es aber unter PEP auch schon zu Todesfällen gekommen. Dies muss alles gegeneinander abgewogen werden, nicht dass das Risiko der PEP größer ist als das HIV-Risiko, das man vermeiden will. Deshalb ist es so wichtig, das konkrete HIV-Risiko korrekt einzuschätzen, und dazu ist es notwendig, den HIV-Status des betreffenden Sex-Partners zu kennen. Wenn die PEP ohne Nebenwirkungen und Risiken (und billiger) wäre, könnte man das lockerer sehen, aber das ist leider nicht der Fall.

Ich plädiere hier nicht für oder gegen PEP nach einem „Sexunfall“ im P6-Bereich – das muss jeder im Fall eines Falles mit seinem Arzt abklären -, sondern will nur dafür sensibilisieren, dass jemand, der dies erwägt, egal ab Freier oder SDL, von vornherein versuchen sollte, den betreffenden P6-Partner mit einzubeziehen, denn wenn eine PEP begonnen wird, kommt es auf jede Stunde drauf an; sie sollte idealerweise in den ersten 24 Stunden begonnen werden, es wird sogar diskutiert, dass ein Beginn in den ersten 2 Stunden noch erfolgreicher sein könnte (auch wenn selbst für diesen Fall Therapieversagen dokumentiert sind). Wenn man also tagelang noch herumtanzen muss, um seinen P6-Partner zum HIV-Schnelltest zu überreden, kann man das gleich von vornherein vergessen.

IV. Zusammenfassung - Prioritätenliste der Maßnahmen

Wie schon angedeutet, kommt man hier leicht in eine Situation, wo man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Darum habe ich mal eine Hitliste aufgestellt, welche Maßnahmen aus meiner Sicht am wichtigsten bzw. sinnvollsten sind:

1. und 2. Platz:

Am wichtigsten halte ich das richtige Vorgehen der SDL nach (versehentlicher) Aufnahme bei FO: also das direkte Ausspucken (nicht
schlucken), Schonung des Rachens, mehrfaches kurzzeitiges intensives Spülen mit Wasser, immer wieder ausspucken, erst im Mundraum, dann unter Einbeziehung des Rachenraumes, zuletzt dann das desinfizierende Spülung/Gurgeln mit einem Antiseptikum.

Gleichrangig sehe ich die gründliche vorsichtige Waschung des Penis (auch der Vorhautinnenseite) nach einem Kondomunfall bei GV oder (noch viel wichtiger wegen des höheren Risikos!) bei AV, gefolgt von antiseptischer Behandlung nach vorsichtiger Trocknung (tupfen, nicht reiben) mit Haut-/Händedesinfektionsmittel (Auslassen des Harnröhrenausgangs), möglichst noch Urinieren und Betupfen des Harnröhrenausgangs mit einem Schleimhautantiseptikum (wobei das hier jetzt aber eigentlich nicht zum Thema FO passt)

3. Platz

Mit großem Abstand zum 1./2. Platz sehe ich dann die antiseptische Mundspülung nach dem Lecken. Beim Lecken gelangen ja kleine Mengen Scheidenflüssigkeit in den Mund, so dass die Risikokonstellation hier etwas höher anzusehen ist als bei FO ohne Aufnahme (auf Seiten der Frau). Daher hier also 3. Platz. Auch hier erst Mund kurz mit Wasser ausspülen (muss nicht so intensiv sein wie bei FO mit Aufnahme), dann antiseptische Spülung.

4. Platz

Im Rang noch eine Stufe tiefer sehe ich dieselbe Prozedur (kurz mit Wasser ausspülen, dann antiseptische Mundspülung) bei der Frau nach FO ohne Aufnahme. Außer vielleicht einem kleinen Luststropfen wird hier ja sonst wirklich nichts weiter „aufgenommen“, daher der niedrigere Rang im Vergleich zum Lecken.

5. Platz

An letzter Stelle steht die antiseptische Behandlung des Penis nach FO (egal ob mit der ohne Aufnahme), weil hier nur Kontakt mit Speichel erfolgte. Alles etwas für ganz besonders Ängstliche ...

Den größten Sprung sehe ich zwischen dem 2. und 3. Platz. Die Maßnahmen ab Platz 3 sind wohl etwas für besonders Vorsichtige und Ängstliche und wohl auch schon recht weit von der Realität im P6 entfernt.

Je nach individueller Situation können sich die Prioritäten natürlich auch verschieben. Wer zu hause noch sexuell sehr aktiv ist und deshalb schon Angst vor ein paar eigentlich harmlosen Herpesbläschen am Penis hat, die ihn „verraten“ könnten, wird vielleicht der Maßnahme auf dem 5. Platz persönlich einen höheren Rang einräumen?

Abschließendes Statement:

Ich behaupte nicht, dass man das, was ich in III.1 – III.3 empfohlen habe, machen soll oder muss. Es sind Ideen (!) für eher ängstliche oder vorsichtige Kandidaten auf beiden Seiten; Ideen, von denen zu vermuten ist oder plausibel ist, dass sie ein mögliches Risiko verkleinern könnten. Sie stammen teilweise aus der Infektionsprävention im medizinischen Bereich, wo es ja (natürlich viel eher mit Blut als mit Sperma) zu ähnlichen Situationen kommen kann.

Es gibt keine Garantie, dass es funktioniert. Aber es ist meiner Meinung nach immer noch besser, als nach einer Risikosituation gar nichts zu tun oder sich in Angst zu verkriechen. Auch im Medizinbereich gibt es ja Empfehlungen, was man tun sollte, wenn Blut in den Mund oder das Auge z.B. eines Arztes oder einer Krankenschwester spritzt, und im Endeffekt ist das ja eine vergleichbare Situation mit der Aufnahme von Sperma.

Es ist vor allem auch kein Freibrief, Risiken einzugehen, die man sonst nicht eingehen würde, nur weil man sich darauf verlässt, dass das funktioniert. Wenn einer das so sieht, wären die Ideen sogar kontraproduktiv. Andererseits kann man immer unerwartet in Risikosituationen kommen, die man nicht geplant hat, sei es durch einen Kondomunfall oder vorübergehende Unachtsamkeit, und in einer solchen Situation macht es aus meiner Sicht Sinn, zu versuchen, Maßnahmen zu ergreifen, die wenigstens ein gewisses Potential aufweisen, das (im Normalfall ja ohnehin geringe) Risiko weiter zu verkleinern. Damit meine ich nicht nur HIV, sondern eben auch andere STD-relevante Keime.

Eines darf man nicht vergessen: nach Schätzungen arbeiten in Deutschland 400.000 SDLs (davon 150.000 hauptberuflich); ca. 1,0 bis 1,25 Millionen Männer suchen pro Tag eine (oder mehrere) SDLs auf; 4,5 Millionen Männer sind mehr oder weniger regelmäßige Kunden. Das sind grob geschätzt ½ Milliarde Pay6-Kontakte in Deutschland pro Jahr.

Wenn man sich dann die STD-Statistiken ansieht ... und herausrechnet, was Männer, die Sex mit Männern haben, dazu beitragen ... und i.v.-Drogensüchtige ... und dann noch berücksichtigt, dass ja in steigendem Maße auch GVO im P6-Bereich angeboten wird (was ich allerdings schon kritisch finde!) ... dann sehe ich hier absolut keinen Grund, zum Thema „FO oder Lecken“ Panik verbreiten zu müssen. Da ist GVO schon ein ernsteres Problem – und via FO oder Lecken geht uns das dann doch alle irgendwie ein bisschen an - auch den, der im P6-Bereich keinen GVO praktiziert. GVO sollte das Thema sein, über das man sich - mit großem Abstand - an allererster Stelle Gedanken machen muss.

Aber es gibt eben Männer, die nach kurzem Anblasen „ohne“ schon in Panik verfallen (ich habe das selbst gelesen) ... vielleicht können die ja mit den Tipps hier etwas anfangen. Oder für den Fall eines Kondomunfalls.

Der Syphilis-Ausbruch im Jahr 2004 in der Region Aachen, ausgehend vom P6-Bereich, hat gezeigt, dass P6 eben doch nicht ganz risikolos ist. Über Jahre ist es in der Region immer wieder zu Infektionen innerhalb und außerhalb des P6-Bereiches gekommen. (Ein ausführlicher Bericht findet sich im Epidemiologischen Bulletin 21/2006 auf der Seite des RKI). Die gesundheitlichen Folgen sind durch Antibiotika reparabel – aber ich könnte mir gut vorstellen, dass da einige Männer zuhause Probleme bekommen haben, die nicht mehr reparabel sind ...

Es geht mir hier nicht darum, HIV- oder HPV-Panik zu verbreiten. Ich habe mal gelesen: wenn Männer geschieden sind, steigt ihre jährliche Sterberate (jedenfalls in Deutschland) um 60 % im Vergleich zu nicht geschiedenen Männern (für geschiedene Frauen ergab sich keine Erhöhung der Sterblichkeit). Leider war nicht angegeben, über welchen Zeitraum die erhöhte Sterberate anhielt. Aber immerhin ... dies erscheint mir die größere Gefahr für die P6-Kunden als HIV oder HPV. Es steht doch ganz im Vordergrund, dass man nicht plötzlich mit einer verdächtigen STD zuhause auftaucht, die alles ans Licht bringt ... auch wenn die Infektion als solche gut und problemlos heilbar ist. Die STD ist vielleicht nach 1 Woche Therapie schon weg – vielleicht handelt es sich auch nur um ein paar banale Herpesbläschen - aber der wirtschaftliche Totalscheiden bleibt!

Wenn mir jetzt jemand empfiehlt, lieber im Astronautenanzug in den Club zu gehen oder am besten gleich einige Kilometer Abstand zu halten:

Wie ich früher schon erwähnt hatte, ich bewege mich seit 8 Jahren – wenn auch nur gelegentlich – im P6-Bereich, ich hatte noch nie Infektionsängste. Ich bin auch noch nie nach hause gekommen und habe gedacht: o wei, ob das gut geht ...

Aus meiner Sicht kann man sich ziemlich sicher im P6-Bereich bewegen, wenn man fünf Grundregeln beachtet (dies gilt ausdrücklich für beide Seiten!):

* Wissen um Risiken und Vorsorgemaßnahmen
* Fähigkeit, das Wissen auch anzuwenden, wenn man es braucht – also auch in „heißen“ Situationen einen kühlen Kopf und die Situation unter Kontrolle zu behalten
* eine individuelle Risikoabwägung, also Festlegung des Risikolevels, auf den man sich bereit ist einzulassen ...
* ... dabei aber Berücksichtigung der gesundheitlichen Belange des P6-Partners, Rücksichtnahme. Das bedeutet auch: ein Infektionsrisiko ist keine Handelsware. Ein Infektionsrecht kann man sich nicht erkaufen. Offensichtliche Unwissenheit oder Fehleinschätzung des Risikos durch den P6-Partner nicht ausnutzen!
* Strategie für den Umgang mit unerwarteten Risikosituationen, sei es z.B. ein Kondomunfall oder dass doch mal gegen Punkt 2 verstoßen wurde – einschließlich des Bereithaltens der ggf. dafür erforderlichen Mittel.

Und zum Abschluss: bitte daran denken --- es war ausdrücklich gewünscht, dass ich mal was zum FO schreibe --- und ich kann leider nicht schreiben: „kein Problem, Null Risiko, kann man locker machen“. Das Thema ist leider sehr komplex und darum beschäftigt es mich schon seit längerer Zeit ...

Ihr wolltet unbedingt was zu FO lesen ... ohne diesen ausdrücklichen Wunsch hätte ich das hier nicht geschrieben ...

(Hinweis: es soll ja auch ein anderes Forum Interesse am Thema FO angemeldet haben. Wenn das hier also jemand ganz oder auszugsweise kopiert oder verbreitet – ich habe nichts dagegen!).

heutegeil
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Ende.

Danke Heutegeil ...

Xx_er · 8. Mai 2010

Die durchschnittliche HIV-Quote bei Männern in Deutschland in der als Freier infrage kommenden Altersgruppe liegt bei 0,2 %
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die Quellenrecherche und Zusammenfassung finde ich gut, allerdings wird auch hier schon wieder, wie bei dem älteren Posting, der Fehler begangen, mit der bekannten Durchseuchungsrate (HIV-Prävalenz) zu operieren. Das ist Quatsch !

Es müßte viel eher mit der Rate der noch nicht bekannten HIV-Träger operiert werden und die dürfte sich eher im Rahmen der von RKI veröffentlichten Schätzung (vgl. die Fußnoten zur Datenqualität im Bulletin) der jährlichen NEU-Infektionen bewegen.

carbonara · 8. Mai 2010

Über die Sinnhaftigkeit überhaupt von Promillezahlen gerade beim Thema HIV wurde ja schon an anderer Stelle diskutiert, trotzdem - hier geht es halt um schnöde Zahlen - greife ich das auf.

Die Schätz-Zahlen in dem Bericht liegen gut 20% über den Ist-Zahlen somit käme man auf ca. 0,25 %.

Die Frage ist doch mehr, inwieweit Männer mit homosexuellen Kontakten, die hierzulande unzweifelhaft die Majoriät im Bereich HIV-Infizierte darstellen, im Ladies-P6 aktiv sind. Sind diese das wirklich in gleichem Maße, wie reine Heteros?

Viel wichtiger ist ein einfaches Fazit aus den ganzen Informationen, nicht nur aus diesem thread, das ich in dem ganzen Wust vielleicht auch nur übersehen habe.

Als Ansatz:

Jeder Freier sollte sich gegen Hep A und Hep B impfen lasssen

Jeder Laden sollte garantieren, die haben ja die Papiere, dass jedes Mädel einen derartigen Impfschutz hat

Bei Freiern wird das schwieriger Aufgrund der Anonymität, vielleicht hier nen thread aufmachen. Also ich habe den Schutz noch, muss aber meine Unterlagen wieder mal durchforsten.

Any ideas?

LG carbo

Geröllheimer · 8. Mai 2010

Zitat von carbonara: ↑

Jeder Freier sollte sich gegen Hep A und Hep B impfen lasssen
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...und gegen Laberschwaad 1 und Verzäll nur.

Besser wärs da schon, mal nen Fickbericht zu tippen.

Damit meine ich nicht den Carbo. Der macht dat.;-)

zork · 8. Mai 2010

HIV ist garnicht das Thema. wer stellt sich bitteschön bei Minus-Acht-Grad nackt in den Wind, bloß, weil er dann nur ´ne Lungenentzündung bekommt? Wenn man es genau nimmt, ist Aids ein medienaufgeblähter Augenwischer, nix als ein Volksbelustigungsinstrument. Verblöden kann man dabei natürlich auch...
Es täte gut, würden Infektionsrisiken nicht dauernd auf dieser dämlichen HIV-Schiene gefahren und statistisch runtergewalzt!!!
Holt euch einfach mal ´nen Satz Chlamydien und seit damit glücklich (die Dinger bringen nicht um, jucken und brennen halt nur. Damit kann man 100 Jahre alt werden). Nehmt die Zahlen für Hepatitis A, B oder C oder volkstümlichen Tripper. Wer nicht im Winter im Rhein badet, sollte sich mit diesen Zahlen zufriedengeben.

VG zorkie

PS: Mein Vorposter war irgendwie "off topic", oder habe ich das falsch verstanden?

Geröllheimer · 8. Mai 2010

Zitat von zork: ↑

PS: Mein Vorposter war irgendwie "off topic", oder habe ich das falsch verstanden?
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Du hast das mal wieder falsch verstanden.
Lies es nochmal. Am besten langsam.

The Tiger · 8. Mai 2010

Prophylaktische vegetative Massnahmen gegen jegliche Infektion: Praekoitale Tristesse, erektile Dysfunktion, finale Migräne .... und, wie ich gerade las, paradoxerweise: Fickberichte ...

Bisweilen soll ja nachdenken helfen .... aber auch dagegen gibt es ja wirksame Mittel ...

Macchiato · 8. Mai 2010

Wir haben hier extra einen Gesundheitsbereich geschaffen, deshalb sind auch derartig umfassende Abhandlungen willkommen.

Manche Themen kann man halt nicht mit einem Zehnzeiler behandeln.

Ich bitte darum, bei der Sache zu bleiben.

Danke

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